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1. Lesestoffe aus allen Teilen der Geschichte - S. 227

1910 - Münster i. Westf. : Schöningh
— 227 — mach der Königswürde nicht, wie so allgemein hingesprochen wird, nur ans einem unangemessenen Ehrgeiz und aus einer kleinlichen Eitelkeit hervorgegangen ist, sondern daß edlere Gründe, das Bewußtsein seiner Macht und Bedeutung, ihn veranlaßten, seinen Staat aus den engen Grenzen herauszuversetzen, innerhalb welcher sein ferneres Wachsen und -Gedeihen überall und stets verkümmert werden mußte. Hatte die Prachtliebe und die Eitelkeit des Fürsten bei diesem Streben ihren Anteil, so ist es billig, auch dem Geiste der damaligen Zeit hierbei Rechnung zu tragen. Der prachtvolle Hof Ludwigs Xiv. hatte, wie wir gesehen, Überall und namentlich die kleineren Fürsten zur Nacheiserung angetrieben, oft genug über ihr Vermögen hinaus; französische Art und Sitte hatte so sehr, besonders in Deutschland, bei Volk und Fürsten Boden gewonnen, daß Friedrich, wenn er auch in seinen politischen Maßnahmen ein entschiedener Feind Frankreichs war und blieb, sich doch von derselben nicht frei machen konnte; erst sein so merkwürdig, weitn auch noch so einseitig genialer Sohn Friedrich Wilhelm konnte vermöge seiner eisernen Härte mit allen diesen kleinlichen Aenßerlichkeiten entschieden brechen. Man hat oft als Beweis der Eitelkeit Friedrichs bei dem Streben nach der Königskrone angeführt, der Vorfall, daß bei einer Unterredung desselben mit König Wilhelm Iii. im Haag 1696 ihm als Kurfürsten der Lehnsessel in Gegenwart des Königs verweigert worden sei, habe jenes Streben in ihm hervorgerufen; man wird aber anders über diesen Vorfall denken müssen, wenn man sich der widerlichen und lächerlichen Weise erinnert, mit welcher mau feit dem westfälischen Frieden bei Staatsver-haudlungen nicht nur um Rangordnung und Titel, sondern selbst um Tische, Sessel und Teppiche stritt, und daß der Streit um solche Kleinigkeiten oft jo ernst wurde, daß er die Verhandlungen abzubrechen drohte. Niemand wird bei ruhiger Erwägung so kleinlicher Verhältnisse Befremdendes darin finden, wenn derjenige fo lästiger Zurücksetzung enthoben zu sein wünschte, der die Macht kannte, die in seinen Händen ruhte. Hatte Friedrich ferner selber mitgewirkt, daß Wilhelm von Dräniert auf den englischen Thron erhoben wurde, war zum Teil durch feine Vermittlung Kurfürst Friedrich August von Sachsen 1697 zur polnischen Krone gelangt, hatte endlich das Haus Hannover, dem Friedrich mit ausdauerndem Bemühen die kurfürstliche Stellung in Deutschland verschaffte, die Aussicht, dereinst den englischen Thron zu besteigen, so war gewiß sein Wunsch, gegen jene nicht zurückzustehen, denen er an Macht überlegen war. ein sehr natürlicher. Dazu kam, daß alle Erfordernisse zu einer solchen Rangerhöhung vorhanden waren, daß der Sache selber nur noch der Name fehlte. Durch den Besitz des souveränen Herzogtums Preußen wurde die Erreichung jenes Wunsches nahe gelegt, welche zur Unmöglichkeit geworden wäre, hätte sein Besitztum nur in deutschen Ländern bestanden. Als nur deutschem Fürsten hätte ihm auch nicht einmal der Gedanke beikommen können, den Königstitel zu beanspruchen, da seine Macht nicht ausgereicht hätte, sich aus dem deutschen Reichsverbande zu lösen, was er der königlichen Souveränität wegen hätte tun müssen. 15*
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