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1. Lesestoffe aus allen Teilen der Geschichte - S. 266

1910 - Münster i. Westf. : Schöningh
— 266 — Welt auch durch die Verbindung mit einem ehrwürdigen Fürsteu-hause gleichsam zu adeln, wirbt er um die Kaisertochter in Wien. „Für-seine Monarchie, für das heiligste Interesse der Menschheit, als Schutzwehr gegen nnabsehliche Uebel, als Unterpfand einer besseren Ordnung der Dinge" gibt Kaiser Franz ihm die Tochter. Und als ihm i. I. 1811 ein Sohn geboren wurde, der den stolzen Titel eines Königs von Rom erhielt, da schien seine Herrschaft unerschütterlich befestigt, sein Glück größer denn je. Aber der neuerrichteten, längst alle Schranken überschreitenden Macht fehlte das, waz einzig und allein ihr über das Leben des Stifters hinaus eine feste Dauer hätte gewähren können, die Befestigung im innigsten Gemüte der Völker. Der ungeheure Druck, der auf allen lastete, rief überall trotz der scheinbaren Rnhe eine dumpse Gärung hervor. Gleichwohl verschloß Napoleon, der sich nicht gescheut hatte, sogar den in dem Glauben der Völker als unverletzlich dastehendem Papst in die Gefangenschaft zu führen, sein Herz gegen die Stimme der Gerechtigkeit und Milde. Jede neue Verfügnng über die Staaten bezeichnete einen neuen Akt der Gewalt. Doch des Gewaltigen Werk ging an seiner eigenen Unvernunft zugrunde. Seinem maßlosen Ehrgeiz genügte die uugeheure Machtfülle noch nicht. Länder zu erobern und Völker zu bezwingen war dem ans den Schranken ruhiger Wirksamkeit Herausgetretenen zum Bedürfuis geworden, und so fachte er, während der von ihm an dem Westende Europas entzündete Brand noch in hellen Flammen loderte, von der verzehrenden Leidenschaft des Herrschend fortgerissen einen neuen im Osten an, um durch die Vernichtung der russischen Macht die letzte Schranke seiner Diktatnr auf dem europäischen Festlande niederzuwerfen und dadurch auch das vollständig isolierte England zum Falle zu bringen. Im Jahre 1812 bewegten sich endlose Truppenzüge auf den Straßen des ausgesogenen Deutschlands nach Osten und verschwanden allmählich hinter dem Niemen. Wenige Monate vergehen; hier und da blitzt eine Nachricht ans von einer Schlacht, die da oder dort geschlagen : es sind Siege Napoleons, wie immer, wie sich von selbst versteht, bis ihr Laus durch eine seltsame und schreckliche Kunde unterbrochen wird. Es ist die Nachricht vom Brande Moskaus, jenes furchtbare Mene Tekel, mit Flammenschrift auf die Tafel des Schicksals geschrieben. Daraus wird es wieder still. Nun tauchen dumpfe Gerüchte von einem Rückzüge auf und widersprechende Nachrichten von großen Verlusten^ Gewisses weiß man nicht. Das Jahresende rückt heran, da liest man tu den Berliner Zeitungen vom 17. und 19. Dezember eine wunderbare Nachricht: der Kaiser der Franzosen war auf eiliger Reise nach Paris am 14. durch Dresden gekommen. Der Schleier zerreißt, und das Ungeheuere wird sichtbar; deutlicher und überwältigender mit jedem Tage wird die Kunde von dem Schrecklichen, was hier geschehen — einem Gottesgericht, wie es nie dagewesen, seitdem Menschen denken — jenes furchtbare Heer, das der Schrecken der Welt war und von einer Macht ohne Grenzen zeugte, es war verschwunden. Nicht durch Feindeshand und
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