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1. Die deutsche Kultur - S. 116

1907 - Leipzig : Brandstetter
in Niederdeutschland, wo die Bauernschaft sich nicht an der Empörung beteiligt hatte. Wie sich die wirtschaftliche und rechtliche Lage der Bauern nach dem Kriege gestaltete, schildert uns ein Schriftsteller jener Zeit mit folgenden Worten: „Diese Leute haben nimmer Ruh, früh und spat hangen sie der Arbeit an. Ihren Herren müssen sie oft durch das Jahr dienen, das Feld bauen, säen, die Frucht abschneiden und in die Scheuer fahren, Holz hauen und Gräben machen. Da ist nichts, das das arme Volk nicht tun mutz und ohne Verlust nicht aufschieben darf. Dies mühselig Volk der Bauern, Köhler, Hirten ist ein arbeitsam Volk, das jedermanns Fußhader ist und mit Fronden, Scharwerken, Zinsen, Gülten, Steuern und Zöllen hart beschweret und überladen." 7. Der Dreißigjährige Krieg und seine Folgen für den Bauernstand. In der langen Friedenszeit des 16. Jahrhunderts hatte sich die Landwirtschaft von den Wunden, die der Bauernkrieg ihr geschlagen, langsam wieder erholt. Nach den Nachrichten aus jener Zeit war Deutschland ein blühendes, wohlangebautes Land. Da traf es der große Krieg mit seinen Verwüstungen, die dergestalt auf das ganze Volk, besonders aber auf das Bauemvolk, einwirkten, daß es sich ganze Menschenalter hindurch nicht davon erholen konnte. Mit seinem Feuergewehr bewaffnet ging der Bauer aufs Feld, um seine Saaten, seine Weiden und sein Vieh gegen räuberische Streif-banden zu schützen. Nachbar vereinigte sich mit Nachbar, Dorf verbündete sich mit Dorf, um die räuberischen Rotten von den Höfen, zu jagen. Gegen größere feindliche Scharen waren die Bauern völlig machtlos. Ohne Widerrede mußten sie Obdach und Nahrung gewähren, Keller und Kisten öffnen. Weib und Kind, Knechte und Vieh, alles ward verloren und verdorben, und in einsamer, halbverbrannter Hütte unter wüsteliegenden Feldern stand der Bauer allein da, mit Not nur sein Leben fristend. Es war fein Wunder, daß manche den Tod vorzogen, andere in die Wälder flohen oder sich dem Heuschreckenschwarm des Krieges anschlossen und zur Muskete griffen. Am Ende lagerten sich Hunger und Seuchen als letzte Werkzeuge elendster Vernichtung über die ausgesogene, gemarterte und gepeinigte Landbevölkerung. Den furchtbaren Menschenverlusten entsprach die Verödung des Landes. Nach einem Berichte aus jener Zeit wurden im Reiche 1976 Schlösser, 1629 Städte und 18 310 Dörfer in Schutt und Asche verwandelt. Über weiten Ackerflächen wucherte wildes Gestrüpp, wilde Tiere, die man seit Menschengedenken nicht mehr gesehen, zeigten sich, von Osten her hereinströmend, in Massen in den verlassenen Einöden. 116
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