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1. Die deutsche Kultur - S. 157

1907 - Leipzig : Brandstetter
herrschend. Der Adel war infolge des übermäßigen Aufwandes bei häuslichen und öffentlichen Festen verarmt, daß er zur Wegelagerung griff, um nur das Leben zu fristen. Ein wildes Räuberleben, ungeheuerliche Saufgelage mit unflätigem Gespräch lösten die heiligsten Bande der Familie. Wie das Leben und Treiben des Adels auf das Familienleben des Bürgerstandes gewirkt hat, erzählt der Prediger Berthold von Regensburg in nicht gerade schmeichelhafter Weise: „An der Eitelkeit und Putzsucht der Zeit hat das Weib seinen vollen Anteil. Die Hälfte des Jahres wendet sie an ihr Haar. Wenn sie nicht viererlei oder sechserlei Kleidung zur Verfügung hat, so hat ihr Mann keine ruhige Stunde. In Pfauenhüten, mit gestickten Kleidern und langen Schleppen schwänzeln die Mädchen und Frauen durch die Gassen, an Gewand und Kopfputz zupfend, daß man sie recht begaffe. Die mütterliche Pflicht wird nicht immer so geübt, wie es das Wohl der Kinder erheischt. Auch beim weiblichen Geschlecht ist eine Nimmersatte Vergnügungswut eingerissen, durch die die Sittsamkeit und Tugendhaftigkeit von Frauen und Mädchen schwer leidet. Selbst von der Trunksucht und Spielsucht der Männer sind die Frauen angesteckt. Der Mann vertrinkt sein Schwert, die Frau ihren Kopfputz. Zwar kirchlicher sind die Weiber als die Männer. Man sieht sie häufiger im Gottesdienst; aber sie lassen hier wie im „Heimgarten" (in Gesellschaft) ihren Mund nicht stille stehen mit unnützem Geschwätz. Die eine erzählt von der Faulheit und Verschlagenheit ihrer Magd, die andere klagt, daß ihr Kind so viel Arbeit koste, oder daß es nicht recht zunehme." 5. Die Blütezeit des Bürgertums. Während das Rittertum im ausgehenden Mittelalter allmählich zur Bedeutungslosigkeit herabsank, wuchs und erstarkte das Bürgertum der Städte immer mehr. Die Blüte des Handwerks und des Handels führte einen hohen Wohlstand des städtischen Bürgertums herbei. Der wirtschaftliche Aufschwung gab aber wieder Anlaß zu frohem Lebensgenuß. Man wollte nicht nur erwerben, sondern auch genießen, sich ausleben im Guten wie im Schlechten. Gewaltig war oft die Leidenschaft, ungezügelt die sinnliche Genußsucht, entsetzlich oft der Unflat. Aber das waren Zeichen nicht eines verkommenen Geschlechts, sondern eines jugendlich-kräftigen Volkes. Auch das Frauenleben des endenden Mittelalters stand unter dem Zeichen der unbefangenen, derben Lebenslust. Diese äußerte sich vor allem in der Entfaltung eines großen Kleiderlums und in dem Verlangen nach Vergnügungen aller Art. Um dem übertriebenen Aufwand in kostbaren Stoffen zu steuern, mußten städtische Lumsgesetze und 157
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