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1. Deutsche Geschichte vom Ausgange des Mittelalters - S. 29

1910 - Berlin : Singer
- 29 — Die Klöster waren überflüssig geworden als landwirtschaftliche Musteranstalten, als Lehrer der Bevölkerung, als Beschützer der Armut, als Bewahrer von Kunst und Wissenschaft. Sie ernährten Tausende von müßiggängerischen Mönchen, statt sie aufs Pflaster zu werfen und als Lohnsklaven zur Verfügung des Kapitals zu stellen. Ohne jede Funktion im gesellschaftlichen und staatlichen Leben, roh, träge, unwissend, dabei unermeßlich reich, versanken die Mönche immer tiefer in Gemeinheit, in Liederlichkeit und alle möglichen Laster. Sie wurden ein Gegenstand der allgemeinen Verachtung. Ebenso überflüssig wie die Klöster wurde das Papsttum. Mit dem Schutze der christlichen Völker gegen die Heiden und Ungläubigen hatte es seine historische Aufgabe erfüllt; seit den Kreuzzügen drohte keine Gefahr mehr von Asien her. Allerdings trat eine neue orientalische Macht in den Osmanen, in den Türken auf, die im Jahre 1453 Konstantinopel eroberten und von hier aus das christliche Europa bedrohten. Aber dieser Angriff kam nicht von Süden, sondern oon Osten; er richtete seine Wucht nicht gegen Italien, sondern gegen die Länder an der Donau, zunächst gegen Ungarn, dann auch gegen Süddeutschland und Polen. Damit hörte der Kampf gegen die Türken auf, eine Angelegenheit der ganzen Christenheit zu fein; er war nur eine Angelegenheit ihrer östlichen Bollwerke. Die Türkengefahr trug wesentlich dazu bei, die Ungarn, Tschechen, Süddeutschen zur habsburgischen Monarchie zu-zusammenzuschweißen und die deutsche Kaiserkrone bei dieser Monarchie zu erhalten. Aber für das Papsttum hatte die Türkengefahr kein unmittelbares Interesse; wenn die Päpste auch noch Schätze zum Kampfe gegen die Türken sammelten, so begannen sie doch bald, diese Schätze in ihrem eigenen Interesse zu verwenden. Die Macht des Papsttums und der Glaube an seine weltgeschichtliche Mission, die bis ins 12. Jahrhundert hinein Mittel waren, die christlichen Völker zu retten, wurden seit dem 14. Jahrhundert zu Mitteln, sie auszubeuten. Diese Ausbeutung wuchs mit der Entfaltung der Warenproduktion. Die Geldgier ergriff auch die römische Kurie. Die direkten Steuern, die das Papsttum von den Gläubigen erhob, der sogenannte Peterspfennig, war verhältnismäßig unbedeutend, aber in der Erfindung indirekter Steuern waren die Päpste des 15. und 16. Jahrhunderts fo erfinderisch wie moderne Finanzkünstler. Sie erkannten im Zeitalter des Kaufmannskapitals richtig, daß der Handel das vornehmste
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