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1. Deutsche Geschichte vom Ausgange des Mittelalters - S. 122

1910 - Berlin : Singer
— 122 — modernen bürgerlichen Gesellschaft noch verständnislos gegenüber. Wie Fichte auf Kant, fo folgte auf Fichte der dritte unserer klassischen Philosophen, Georg Friedrich Wilhelm Hegel (1770 bis 1831). Auch seine Philosophensprache ist für uns unverständlich geworden; es genügt, das historische Schwergewicht seiner Philosophie zu erkennen. Hatte Kant durch seine Theorie des Himmels die Entwickelung in die Natur eingeführt, fo führte Hegel sie in die Geschichte ein. Hatte Fichte an die dialektische Methode der altgriechischen Philosophie angeknüpft, so machte Hegel diese Methode zum Springquell alles Lebens. Mit dem Begriff des Seins ist auch der Begriff des Nichts gegeben, und aus dem Kampfe beider entsteht der höhere Begriff des Werdens. Alles ist und ist zugleich nicht, denn alles fließt, ist in steter Veränderung, in stetem Werden und Vergehen begriffen. Hegel faßte die Geschichte der Menschheit als einen in steter Bewegung, Veränderung und Umbildung begriffenen, vom Niederen zum Höheren aufsteigenden Prozeß auf, und er versuchte mit gewaltiger Geistesarbeit, in den verschiedensten Fächern der historischen Wissenschaft, den inneren Zusammenhang, den allmählichen Stufengang dieses Prozesses durch alle scheinbaren Irrwege und Zufälligkeiten zu verfolgen. Da er die Dinge für Abbilder der Begriffe nahm, so gelangte er wohl zu sehr willkürlichen Geschichtskonstruktionen, aber da so halsstarrige Dinge, wie geschichtliche Tatsachen, sich nicht so leicht unter das Joch der Begriffe spannen ließen, so kam er auch zu genialen Blicken in den Zusammenhang der Menschheitsgeschichte. Bescheidener als Kant, oder doch als Kants Bewunderer, beanspruchte Hegel kein „zeitloser Denker" zu sein, sondern seine Philosophie war ihm nur feine Zeit, in Gedanken erfaßt. Hieraus ergab sich schon der eminent historische Charakter seiner Lehre. Mit feiner historischen Dialektik eroberte Hegel ungezählte Provinzen des Geistes und befruchtete durch das Prinzip der Entwickelung die historischen Wissenschaften in einer Weise, deren die Kantische Philosophie völlig unfähig war. Von 1815 ab bis zu Hegels Tode im Jahre 1831 und noch darüber hinaus beherrschte feine Philosophie das deutsche Geistesleben. Da es eine Zeit der politischen und sozialen Reaktion war, so herrschte ihre konservative Seite vor; das Ideal des Rechtsstaates, das Hegel in seiner Rechtsphilosophie
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