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1. Deutsche Geschichte vom Ausgange des Mittelalters - S. 154

1910 - Berlin : Singer
— 154 — gelungen, wenn sie nur mit der bürgerlichen Klasse zu tun gehabt hätte. Allein die Berliner Arbeiter ließen sich nicht so wohlfeil abspeisen; sie veranstalteten große Versammlungen vor den Toren der Stadt, wo sie Preß- und Vereinsfreiheit, auch schon Garantie der Arbeit und ein Arbeitsministerium forderten. Mit dieser Opposition war nicht zu spaßen, wie die Regierung sehr bald erfahren mußte, als sie die Versammlungen mit Waffengewalt sprengen und die heimkehrenden Massen von den Soldaten niedermetzeln ließ. Anfangs sah zwar die bürgerliche Klasse diesen Blutbädern gleichmütig zu, aber als der künstlich geschürte Blutdurst der Truppen sich selbst an den ruhigsten Bürgern vergriff, da begann auch sie rebellisch zu werden. In diesen sich häufenden Zündstoff fiel wie ein Feuerfunken die Nachricht, daß am 13. März in Wien die Revolution ausgebrochen sei und den bis dahin allmächtigen Staatskanzler Metternich verjagt habe. Dazu drohte eine große Deputation, die aus Köln an den König gesandt wurde, ziemlich unverblümt mit dem Abfall der Rheinlande, wenn nicht endlich Reformen eingeführt würden. Nun wollte die Regierung einlenken, aber es war zu spät. Die militärischen Mißhandlungen hatten den Geduldsfaden auch der Spießbürger zerrissen. Sie veranstalteten zur Mittagsstunde des 18. März eine friedliche Massenversammlung vor dem königlichen Schlosse, die die Zurückziehung des Militärs aus der Stadt verlangen sollte. Die Beschwichtigungsversuche des Königs und der Minister verfingen nicht mehr, und als nunmehr eine Schwadron Dragoner und eine Kompagnie Infanterie den Schloßplatz räumen sollte, fielen aus ihren Reihen zwei Schüsse, die das Signal zum Straßenkampf gaben. Ob die beiden Schüsse sich zufällig entladen haben, ober ob der Prinz von Preußen, der spätere Kaiser Wilhelm, den Befehl zum Feuern gegeben hat, läßt sich heute nicht mehr aufklären und ist auch insofern ganz gleichgültig, als es zweifellos feststeht, daß der Prinz an den militärischen Metzeleien die Hauptschuld trug, indem er in den Berliner Kasernen die Truppen fanatifierte. Die Behauptung aber, daß die Truppen in dem Straßenkampfe gesiegt hätten und nur durch einen übereilten Befehl des Königs aus der Stadt geschickt morden seien, ist eine nachträgliche Erfindung der Gegenrevolution. Vielmehr wußten die Barrikadenkämpfer die 14 000 Soldaten und die 36 Geschütze, die ihnen gegenüberstanden, im Laufe der Nacht so mürbe zu machen, daß die militärischen
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