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1. Thüringer Sagen und Nibelungensage - S. 49

1893 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 49 — verloren." Doch sie konnten die arme Kriemhild nicht trösten, und auch die Mutter Ute redete vergeblich herzliche Worte ^/14. Wie Siegfried öegraöen wurde. Indes ward es Mittag. Die Schmiede hatten einen Sarg aus Silber und Gold geschmiedet und ihn mit guten Stahljpangen beschlagen. Der Tote ward in den Sarg gelegt und kostbar gekleidet. Immer mehr Volk strömte hinzu und weinte um Siegfried. Aber Kriemhild wollte ihn noch nicht begraben lassen, sondern sprach zu ihrem Gefolge: „Ich kann den Toten noch nicht lassen. Ich will drei Tage und drei Nächte bei ihm wachen. Vielleicht endet Gott auch meine Not mit dem Tode. Wer Siegfrieds Freund ist, der läßt mich nicht allein Wache halten." Da blieb mancher Ritter und manche Frau bei ihr, dazu auch Mönche und Priester. Ohne Speise und Trank hielten sie Wache mit Beten und Singen. Am dritten Morgen sammelte sich zahlloses Volk auf dem Kirchhof; denn Siegfried sollte aus dem Münster zu Grabe getragen werden. Weinend und wehklagend folgte das Volk dem Sarge. Kriemhild aber war so schwach, daß man ihr Gesicht mit kaltem Wasser benetzen mußte. So wankte sie, auf ihre Frauen gestützt,] hin zum Grabe. Hier sprach sie: „Ihr lieben Mannen Siegfrieds, ich bitt' euch noch um eine Gunst. Laßt mich sein schönes Haupt noch einmal sehen!" Mit Mühe brachen die Mannen den festen Sarg auf. Da ging Kriemhild hin, hob mit ihrer weißen Hand fein schönes Haupt und küßte den Toten unter heißen Thränen. Das war ihr Abschied. Dann brach sie zusammen und wurde ohnmächtig hinweggetragen. Siegfried aber wurde begraben. ©taube it. Gopfert, Lesebuch. 4
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