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1. Hessische Geschichte - S. 40

1897 - Gießen : Ricker
— 40 — Schulen einem Geistlichen oder einigen Ratsgliedern übertrug. In kleinen Städten war der Pfarrer oder Parochus der Schulaufseher, der für das Lehramt einen Gehilfen, den „Kindermeister", annahm. Die Verfasfnng dieser Schulen, die sich hinsichtlich des Unterrichts nicht viel von den Domschulen unterschieden, war ganz znnft- und handwerksmäßig. Der Leiter der Schulen war der Rektor, der mit gegenseitiger vierteljähriger Aufkündigung auf 1 Jahr angenommen wurde. Er mietete sich dann Gesellen, die ganz von ihm abhängig waren. Er versprach, „mit seinen Gesellen die Knaben zum Lateinsprechen zu bringen, unter guter Aufsicht und höfisch zu halten und seine Gesellen in guter Zucht zu halten" oder „die Schule in pietate, doctrina, rnori-bus zu informieren, in scribendo zu exerzieren, sich in tradendis elementis grammatices fleißig zu erhalten, Virgilium und andere gute Autores zu lesen, mit der ganzen Schule an hohen Festen Vesper zu singen und alle Sonntage das Amt singen zu helfen". Das Gehalt des Rektors betrug 40 fl: außerdem bezog er noch allerlei Nebene^n-künfte, wie Ostereier, Fastnachtskuchen, Lichtgeld, Holz- und Austreibe-geld. In den meisten Städten wurde ein Schulgeld bezahlt, das ebenfalls eine Einnahme des Lehrers bildete. Als Nebenbeschäftigung versahen die Lehrer oft noch das Amt eines Stadtschreibers, das lohnenden Verdienst abwarf. Da die Lehrer an diesen Schulen nicht fest angestellt waren, so mußten sie sich nach Ablauf des Jahres, für welches sie in Dienst genommen waren, um andere Stellen umsehen. Der Lehrberuf war ein Handwerk und der Lehrer ein Wandersmann. Mit dem wandernden Meister zogen dann eine Anzahl Schüler, oft bis zum 20. Lebensjahre weiter; es entstanden die „fahrenden Schüler", scholares vagantes, „Bachanten". Diese führten kleinere Knaben, „A-B-C-Schützen" genannt, mit sich, um sie angeblich in eine gute Schule zu bringen, in Wahrheit aber, damit dieselben für sie betteln und stehlen sollten. Diese A-B-C-Schützen wurden so sehr zur Landplage, daß obrigkeitliche Verordnungen gegen sie erlassen werden mußten. Die umherstreifenden Schüler wuchsen auf, ohne etwas Rechtes gelernt zu haben. Aus vielen wurde nichts; sie wanderten von Ort zu Ort als Zauberkünstler, Quacksalber und Sänger. In den Dörfern gaben sie sich als Schatzgräber aus, verkauften Amulette, d. i. Mittel gegen Zauberei, bannten Geister, wahrsagten und Heilten Krankheiten. Andere ergriffen noch zeitig ein Handwerk. Eine Schulpflicht bestand in diesen Stadtschulen ebensowenig wie eine Schuldauer. Die Bürgerskinder besuchten in der Regel den Unterricht vom 7. bis 12. Lebensjahre. Da der Unterricht sich vorzugsweise auf die Behandlung des Lateinischen erstreckte, die Muttersprache, Schreiben und Lesen vernachlässigte, so machte sich das Bedürfnis geltend, Schulen zu errichten, in welchen die Bürgerskinder die Kenntnisse sich aneignen konnten, welche sie im späteren Leben im Handwerke und Handel nötig Hatten. So entstanden neben den seitherigen lateinischen Stadtschulen „Duidesche Scriffcholen" (deutsche Schreibschulen), in denen neben Lesen und Schreiben auch Briefschreiben in deutscher Schrift ge-
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