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1. Hessische Geschichte - S. 61

1897 - Gießen : Ricker
— 61 — zukommen. Als in dem Kampfe Heinrichs Iv. mit Papst Gregor Vii. die Städte auf Seite des Königs standen, belohnte er diesen ihre Treue durch alle möglichen Freiheiten. Vor allem wurde durch Verordnung des Kaisers aufgehoben, daß nach dem Tode des Handwerkers dessen Nachlaß oder ein Teil davon (Buteil) an den Grundherrn fallen sollte. Zuerst fiel dieses in den Städten Worms und Speyer. Noch ein anderes Recht wurde den Städten zugestanden. Leibeigene, welche ihrem Herrn entlaufen waren, konnten nach einem Jahre nicht mehr zurückverlangt werden, die „Stadtluft machte frei". Im 12. und 13. Jahrhundert schlossen sich die Handwerker einer Stadt in Innungen und Zünften zusammen. Die Zunft vereinigte alle in der Stadt wohnenden Handwerker ein und desselben Gewerbes. So gab es die Zunft der Bäcker, Fleischer, Schuster, Schneider, Maurer, Zimmerer usw. Jede Zunft hatte ein bestimmtes Lokal, oft auch ein eigenes Haus, wo sich die Zunftgenossen unter dem Vorsitze des Zunftmeisters versammelten. In dringenden Fällen wurden die Zunftgenossen auch schon morgens zur Beratung zusammengerufen; eine solche Zusammenkunft nannte man „Morgenfprache". Jede Zunft hatte ihre bestimmten Gesetze, die in einer bestimmten Truhe, einer „Lade", aufbewahrt wurden. Wer ein Handwerk erlernen wollte, mußte zuerst eine Lehre durchmachen. Hielt er sich während seiner Lehrlingszeit brav, und bestand er vor der Zunft eine Prüfung, so wurde er Geselle. Wollte ein Geselle sich als Meister niederlassen, so mußte er erst durch ein „Meisterstück" nachweisen, daß er sein Handwerk verstehe. Erst dann, wenn dasselbe günstig ausfiel, wurde er nach einem Jahre gegen Entrichtung einer bestimmten Abgabe in der Zunft aufgenommen. Die Zunftgenossen wohnten in bestimmten Straßen, so daß wir noch heute eine Müllergasse, eine Bäckergasse usw. finden. Bei festlichen Gelegenheiten trafen sich die Zunftgenossen im Gildenhanse zusammen. Abends trafen sich auch hier die Meister beim frischen Trunke, um bestimmte Angelegenheiten zu besprechen. Auch die Gesellen hatten ihre besonderen Vereinigungen und ihren Vorsitzenden (Altgesellen). Wenn die Lehrlinge ihre Lehrzeit bestanden hatten und in der Gesellenzunft aufgenommen waren, traten sie die Wanderschaft nach anderen Städten an, um sich in ihrem Handwerk zu vervollkommnen. Wer in einer Stadt zugereist war und Arbeit gefunden hatte, ließ sich in der Gefellenznnft aufnehmen. Damit aber kein Unberufener sich einschleichen konnte, gab es bestimmte Zeichen und einen bestimmten Gruß, an dem inan die Handwerksgenossen erkannte. Das edelste Handwerk war das Bauhandwerk, in welchem sich die Kunst und Handwerk verbanden. Wie die Zünfte der Handwerker, so wirkten die Innungen und Gilden der Bauleute zusammen. Sie schufen eine Verbrüderung, in welcher die Geheimnisse ihrer Kunst sorgfältig bewahrt wurden. Kein Meister wollte eigensinnig für sich etwas thun, sondern er arbeitete weiter im Geiste und Sinne seines Vorgängers. Bei größeren Bauwerken befand sich eine Bauhütte, in welcher die Geheimnisse der freien Meister bewahrt wurden.
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