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1. Handbuch der Israelitischen Geschichte von der Zeit des Bibel-Abschlusses bis zur Gegenwart - S. 145

1888 - Leipzig : Engel
— 145 — Freiheit des Vaterlandes und viele kehrten, mit Ehrenzeichen geschmückt, aus den blutigen Schlachten zurück. Kaum waren die Kriege beendet und Napoleon gestürzt, so begann die Reaction auch hinsichtlich der Juden. So sehr auch die Vertreter Oesterreichs und Preussens, die von dem einflussreichen M. A. von Rothschild und der hochherzigen Baronin Fanny von Arnstein den Juden günstig gestimmten Minister Metternich und Hardenberg, bemüht waren, auf dem wiener Congress den deutschen Juden ihre Rechte zu sichern, so scheiterten doch ihre Anstrengungen an dem Widerstande Baierns und Sachsens. In Hannover, Braunschweig, Hessen, in den freien Reichsstädten wurden sie der Gleichstellung wieder beraubt; Lübeck und Bremen verwiesen sie sogar rücksichtslos aus ihren Mauern. Friedrich Wilhelm Hi. hob das Gesetz von 1812 wieder auf und erliess in den verschiedenen Provinzen seines Königreichs viele die Juden beschränkende Gesetze. Judenfeindliche Schriftsteller fachten den alten Hass wieder an und der Widerwille gegen die Juden nahm seit 1818 in ganz Deutschland derart zu, dass es alsbald zu Judenhetzen kam. Das Signal wurde diesmal in Würzburg gegeben; am 2. August 1819 brach hier ein Tumult aus, und die Juden waren gezwungen, die Stadt zu verlassen. In ganz Franken gab es blutige Scenen; in Frankfurt, Darmstadt, Karlsruhe, Heidelberg, in Hamburg, Güstrow, überall bis nach Kopenhagen und Danzig rottete sich unter dem Rufe Hep-Hep (Hiero-solyma est perdita) der Pöbel gegen die Juden zusammen. Gebildete Juden, wie Jakob Weil in Frankfurt, Gotthold Salomon, der spätere Prediger in Hamburg, und vorurtheilsfreie Christen, wie der Dichter Julius von Voss, der greise reformirte Geistliche Ewald in Karlsruhe, August Krämer in Regensburg, suchten allerdings die gemeinen Anschuldigungen, wie sie die Judenfeinde Rühs, Fries, Hundt-Radowsky erhoben, zurückzuweisen; aber was half’s? die Juden waren recht- und machtlos. Die deutschen Juden mussten ihre Gleichstellung mühsam erkämpfen. Dieser Emancipations-Kampf, der auch gegenwärtig noch nicht völlig beendet ist, hat eine reiche Literatur geschaffen. Einer der ersten Vorkämpfer der Emancipation war Gabriel Riesser, der, geb. in Hamburg 1806, gest. 1863, ein Enkel des hamburger Oberrabbiners Raphael Kohen, für das Rechtsstudium bestimmt wurde. Angefeuert durch die freiheitliche Bewegung, welche die Julirevolution des Jahres 1830 auch in Deutschland hervorgerufen, erhob er seine Stimme für die Rechte seiner Glaubensgenossen. Um die Judenfrage, welche in den verschiedenen Staaten 1831 wieder zur Berathung gelangte, recht in Fluss zu bringen, gründete er die Zeitschrift „Der Jude“. Blätter für Religion und Gewissensfreiheit“, in der er von seinen Glaubensgenossen den Stolz des Selbstgefühls und von den Völkern die Gleichheit der Rechte forderte. Das erste glückliche Resultat für die rechtliche Stellung der Juden bot Kurhessen, wo die völlige Emancipation am 29. October 1833 ausgesprochen wurde. Von geringem Erfolge waren seine Bemühungen in Baden, wo man auf den judenfeindlichen Theologen Paulus mehr als auf den ihn bekämpfenden Riesser hörte. Immer rüstig verfocht er die Sache seiner Glaubensgenossen sowol gegen Paulus, Streckfuss, Bruno Bauer u. A., als auch 1848 in der deutschen Nationalversammlung in Frankfurt, deren Vicepräsident er einige Zeit war. 10
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