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1. Von Luther bis zum Dreißigjährigen Krieg - S. 95

1895 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 95 — Beigetragen zu dem Sieg und dem achtunggebietenden Auftreten Luthers haben noch seine Nächstenliebe, die sich als Vaterlandsliebe zeigt (Ich will mich dem Dienst nicht entziehen, den ich meinem Deutschland schuldig bin); seine Beredsamkeit und Geistesschärfe (Bitte um Bedenkzeit, Scheidung der Bücher in drei Gruppen, treffende Worte für die wichtigsten und tiefsten Gedanken); feine Bescheidenheit (Entschuldigung wegen etwaigen unhöflichen Benehmens, ehrerbietiger Ton, ich mach mich nicht zu einem Heiligen); sein Gehorsam gegen die Obrigkeit in allen äußeren Dingen, worin sie ein Recht zu gebieten hat. Dafür weigert er ihr aber den Gehorsam in göttlichen Dingen, in Glaubenssachen, worin man allein seiner Überzeugung und dem Wort Gottes zu folgen hat. 4. Die Gegner und Freunde Luthers. Kaiser Karl ist der Hauptgegner Luthers, er und Aleander allein haben im Grunde die Reichsacht gegen ihn fertig gebracht. Für den Kaiser ist Luther von vornherein der offenbare Ketzer (Vorurteil; „Der soll mich nicht zum Ketzer machen"), und er will ihn von vornherein vernichten. Aber als kluger Staatsmann benutzt er ihn dock» auch zu seinem Vorteil, indem er den Papst, dem es am meisten auf die Beseitigung Luthers ankommt, durch sein Zögern zu einem Bündnis treibt. Es ist ja schön von ihm, daß er auch dem „Ketzer" sein Kaiserwort hält und nicht mit Lug und Trug gegen ihn kämpfen mag; und wir können es ihm auch nicht Übel nehmen, daß er feindlich gegen Luther gelinnt ist (als gläubiger Katholik verehrt er den römischen Glauben und Gottesdienit, als Staatsmann möchte er seine vielen Länder durch das Band des katholischen Glaubens zusammenhalten); aber wir müssen es bedauern, daß dieser Fremdling auf dem deutschen Thron das deutsche Volk und seinen Wortführer gar nicht verstand, daß er gar nicht ahnte, warum sie nichts mehr von römischer Geistesknechtschaft und äußerlichem' Gottesdienst wissen wollten, und daß er daher sich von vornherein dem Verlangen des deutschen Volkes nach Reformation entgegen-stemmte und die Reformation mit all seiner Macht hemmte. Dieser Zwiespalt zwischen dem Oberhaupt und den Unterthanen konnte nur großes Unglück über das habsburgische Kaiserhaus und über das Volk bringen, was wir später deutlich genug sehen werden. Wie ganz anders wäre es doch geworden, wenn statt Karls Friedrich der Weise auf dem deutschen Kaiferthron (der ihm ja angeboten war) gesessen hätte! Der Reichstag sucht ja möglichst gerecht gegen Luther zu verfahren; er schafft ihm Gehör vor der Verurteilung, billigt seine Anklagen gegen den päpstlichen Stuhl und hätte ihn gern in dieser Sache als Bundesgenossen gebraucht, aber er verwirft von vornherein seine Lel)re über den Glauben und die Kirche als ketzerisch; denn er kann iich von der altgewohnten Vorstellung, daß Rom unfehlbar und alleinseligmachend ist, nicht losmachen. Die Freunde Luthers im Reichstage lassen ihm ja manche Aufmunterung und Anerkennung zuteil werden (Beispiele) aber — was die
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