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1. Von Luther bis zum Dreißigjährigen Krieg - S. 166

1895 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 166 — von nah und fern herzudrängenden Volke zur Schau gestellt. Jonas hielt daselbst eine ergreifende Trauerrede. Indes kam Botschaft vom Kurfürsten, er wolle Luther in seiner Schloßkirche zu Wittenberg bestatten lassen und bitte die Grafen von Mansfeld, ihm die Leiche entgegenzuführen. Das geschah. Mit fünfzig Reitern geleiteten zwei Grafen von Mansfeld die Leiche. In allen Orten, durch welche der Zug ging, grüßte man den Toten mit Glockengeläute, und überall gab ihm das herbeigeströmte Volk weinend das Geleite. So gab es einen einzigen großen Trauerzug von Eisleben bis Wittenberg. Am 22. Febr. früh neun Uhr kam der Zug am Elsterthor in Wittenberg an. Hier erwartete ihn die Familie Luthers, die Abgesandten des Kurfürsten, die Professoren und Studenten, der Rat, die Bürgerschaft und die Schulen. Ein Leichenzug, wie ihn Wittenberg noch nicht gesehen, bewegte sich nun durch die dichtgedrängten Volksmassen zur Schloßkirche. Hier wurde der Sarg der Kanzel gegenüber niedergesetzt. Es erklangen Trauerlieder, und nun hielt erst Bugenhagen eine deutsche, dann Me-lanchthon eine lateinische Grabrede, beide oft unterbrochen von dem Schluchzen des Volkes und dem eigenen Weinen. Dann wurde der Sarg von einigen Magistern an das Grab getragen, das nicht weit von der Kanzel bereitet war, und hinabgelassen. Eine einfache Metallplatte, in den steinernen Fußboden eingelassen, zeigt uns das Grab. Dort hat schon mancher voll inniger Andacht und frommen Dankes gestanden und gelesen: „Hier ist begraben der Leib Martin Luthers, Doktors der heiligen Theologie, welcher im Jahre Christi 1546, am 18. Februar zu Eisleben, seiner Vaterstadt, verstorben ist, nachdem er gelebt hatte 62 Jahre, 2 Monate und 8 Tage." So ruht der Reformator in derselben Kirche, an deren Thor er einst sein Reformationswerk begonnen hat. Zur Würdigung der Thatsachen. Luthers Sterben ist würdig seines großen Wirkens. Denn sein letztes Werk ist ein Werk der Friedfertigkeit und Nächstenliebe; er giebt sein Leben hin für seine Freunde. Er predigt das Wort Gottes, bis ihn die Kraft verläßt. Seine letzte Sorge ist das Schicksal des Evangeliums und seiner evangelischen Kirche. Das Evangelium ist auch dem Sterbenden der höchste Schatz; er dankt Gott, daß er es ihm offenbart hat, er scheidet mit der festen Zuversicht, daß ihn niemand (Papst und Bann) aus den Händen seines himmlischen Vaters reißen kann, und bekennt noch mit dem letzten Atemzüge den Glauben, den er gelehrt und auf den er die evangelische Kirche gegründet hat. Das ist Treue bis in den Tod. Ein solcher Mann ist der zahllosen Thränen wert, die bei seinem Tode geflossen sind, und der allgemeinen Liebe und Verehrung, die sich bei seinem Begräbnis zeigte. Diese Liebe und Verehrung war der gebührende Dank für die Lebensarbeit des Mannes, der
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