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1. Praktisches Lehrbuch der Sächsischen Geschichte - S. 90

1907 - Leipzig : Wunderlich
wütete allerdings die Pest schrecklich in seinem Lande, das kurz zuvor von einem Erdbeben heimgesucht worden war. Ganze Dörfer und Städte wurden entvölkert. In kurzer Zeit raffte der schwarze Tod in Weimar 5000, in Erfurt angeblich sogar 12 000 Menschen dahin. Das schlimmste war noch, daß man aus Unwissenheit, Aberglauben und Haß den Juden diese schreckliche Plage aufbürdete. Mau beschuldigte sie, die Brunnen vergiftet zu haben. Daher begann überall das im Wahne befangene Volk, die Juden zu verfolgen. Selbst die Obrigkeiten standen unter dem Banne dieser Verfolgungssucht und ließen die Judenqnälereien nicht bloß zu, sondern ordneten sie wohl gar noch an, wie z. B. in Dresden. Da beraubte man die armen Juden*) nicht bloß ihrer Güter, sondern spannte sie auf die Folter, trieb sie scharenweise ins Feuer oder marterte sie auf andere Weise schrecklich zu Tode in der Meinung, ein gottwohlgefälliges Werk zu tun. Zu allen diesen Schrecken und Übeln gesellte sich bald noch eine schlimmere Landplage. Die Geißel- oder Kreuzbrüder durchzogen in großen Scharen das Land und führten überall ihre wunderlichen Aufzüge auf, um dann milde Gaben einzusammeln, von denen sie ihren Unterhalt bestritten. Da das Volk im Wahne war, daß durch solche Mittel der Pest Einhalt getan werden könne, so ließ man die Geißelbrüder ruhig gewähren. Als aber ihr Wesen zum Unwesen entartete, als ihre großen Scharen immer mehr eine schlimme Landplage bildeten, da verbot die Obrigkeit den Kreuzbrüdern das Umherziehen. Doch lösten sich die Geißelbanden nicht sofort auf, und noch lange Zeit nach dem Pestjahre 1349 wurden in Thüringen beinahe 100 Kreuzbrüder auf einmal verbrannt. *) Die Juden waren bis zu den Kreuzzügen die einzigen Kaufleute in Deutschland. Seitdem bemächtigten sich die Deutschen des Warenhandels und verdrängten die Juden aus dem Groß- und Kleinhandel. Da aber den Christen verboten war, Geld gegen Zinsen zu verleihen, so fanden die Juden, des heiligen römischen Reiches Kammerknechte, in der Pfand- und Geldleihe einen neuen und höchst einträglichen Erwerbszweig. Wollten Christen ihr Bargeld zinsbar anlegen, mußten sie es den Juden überweisen; anderseits mußte jeder geldbedürftige Christ sich an Judeu wenden. Bei wöchentlicher Zinsberechnung erlaubte der rheinische Städtetaq 1255 bis 48,5 °/0, bei jährlicher bis 331/8 v. H. Durch solche Wucherzinsen ward natürlich das Volk ausgebeutet, und die Obrigkeit sah sich öfter genötigt, alle Schuldscheine für null und nichtig zu erklären. Dazu konnte ein Jude gestohlene Waren hehlen, ohne der Hehlerei bezichtigt zu werden, und sein Eid galt mehr als der eines Christen. Er stand unter eigenem Richter und Rechte. Dafür zinste er dem Kaiser, bzw. dem Erzbischof und Markgrafen. In Erfurt, Freiberg und seit Heinrichs des Erlauchten Erwerbung von Thüringen auch in Leipzig waren Juden zahlreich vertreten. Aber Messen und Märkte durften sie nicht beschicken und besuchen. Der Judenschutz, der dem Landesherrn oder der Obrigkeit viel Geld einbrachte (in Erfurt außer einer Jahressteuer von 100 Ji Silbers an den Erzbischof noch eine Totensteuer von je 30 3,), belastete und erbitterte daher das Volk und erzeugte deshalb öftere Judenverfolgungen.
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