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1. Aus alten Zeiten - S. 137

1883 - Hannover : Hahn
— 137 — der Riese, „Niemand bringt mich um. Niemand thut es mit Arglist!" — „Nun, wenn dir niemand etwas thut," entgegneten die andern, so können wir dir auch nicht helfen." Und da sie vermeinten, er wäre wahnsinnig erworben, so zogen sie eilig wieder ab. Odysseus aber lachte in seinem Herzen und freute sich der gelungenen List. ' Doch gab es noch eine große Gefahr zu bestehen: die Befreiung aus der Hohle. Dies schien unmöglich. Denn als der Riese am Morgen seine Herde durch den halbgeöffneten Eingang hinausziehen ließ,'fühlte er sorgfältig mit den Händen umher, damit keiner der Gefangenen mit den Schafen hinausschlüpfte. Odysseus aber wußte sich zu helfen. Er band immer drei und drei starke Widder zusammen, und unter dem Bauche des mittelsten befestigte er einen seiner Gefährten. Für sich selbst wählte der Held den größten und stärksten der Widder und hielt sich unter ihm mit den Händen sest. So trabten die Tiere mit den Männern hinaus, ohne daß Poly-phemos es merkte: denn er betastete nur die Rücken, ob keine Flüchtlinge darauf säßen. Ganz zuletzt kam der Widder, der den Odysseus trug. Der Riese erkannte das Tier beim Anfühlen sogleich und sagte traurig: „Liebes Böckchen, wie kommt's, daß du heute der letzte bist? Du trabst doch sonst immer munter voran. Ach ja, du trauerst über deinen armen Herrn, dem der tückische Niemand das Auge ausgestoßen hat. Könntest du sprechen, du würdest mir melden, wo' er in der Höhle steckt, daß ich ihm seine That vergelten könnte." — Mit diesen Worten ließ er den Bock hinausgehen. Odysseus machte ihm nun das Springen wieder leicht, schnitt dann sachte seine Gefährten los, und alle eilten, indem sie die Widder als gute Beute vor sich her trieben, froh dem Schiffe zu. Der Kyklop schloß vorsichtig die Höhle und lockte dann mit seiner Pfeife die Herde zusammen. Da vernahm er plötzlich staunend vom Meere her die Stimme des Odysseus: „Ha, Polyphemos, du fraßest die Genossen keines verächtlichen Mannes, aber Zeus hat durch mich deine Frevelthaten gestraft!" Jetzt erst erkannte der Riese, daß seine Gefangenen entkommen waren. Wütend brach er einen gewaltigen Block' von dem Berge los und schleuderte ihn nach der Stelle, woher die Stimme kam. Hoch auf schäumte das Meer, als der Fels dicht neben dem Schiffe niederschlug. Fast wurde das Fahrzeug wieder ans Ufer getrieben, doch gelang es durch eifriges Rudern wieder voran zu kommen. Da rief Odysseus abermals: „Höre, Kyklop! sollte dich einmal jemand fragend, wer dir das Auge geblendet hat, so sage ihm: Odysseus hat es gethan, der Städtezerstörer, des Laertes Sohn von Ithaka." — Wiederum schleuderte Polyphemos mächtige Felsblöcke dem Schiffe nach, das aber schon zu weit entfernt war, als daß sie es hätten treffen können. Da flehte der Riese laut zu dem Meergott Poseidon, seinem Vater, daß er den Odysseus irrt Meer enränken möchte; wäre ihm solches aber nicht vom Schicksal bestimmt, so möchte er doch erst nach langer Irrfahrt ohne Gefährten nach Haufe kommen und dort nichts als Unglück finden.
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