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1. Geschichtsbilder - S. 84

1890 - Leipzig : Richter
— 84 — Soldat aber lief in den Keller und brachte in einem Eimer Bier herauf; da tranken wir und wurden erquickt; danach gingen wir ein wenig weiter hinaus. Unterwegs begegnete ein Soldat der Mutter und riß ihr die Schaube von dem Leibe; ein anderer wollte die Kinderfrau, so die kleine Schwester Anna Magdalena trug, anpacken, aber unser Soldat nahm sich ihrer an; da ließ er sie wieder gehen. Wir sahen sehr viele Tote auf den Gassen, welches ein schrecklicher Anblick war. Endlich half uns der liebe Gott durch die Pforte, da die Kroaten hereingeritten tarnen und immer neben uns niederhieben, auf den Wall; von dannen kamen wir rechtsum und mußten den Wall hinunterrutscheu. So gelaugten wir endlich ins Lager zu des Soldaten Hütte, welcher eine Frau hatte, die eine Nürnbergerin war. Dieselbe empfing uns nicht gar freundlich und sagte zu ihrem Manne: „Was bringst du da? Du bringst die Hütte voll Kinder; ich dachte du brachtest Beute!" Der Mann stillte sie mit den Worten, er hätte die Bübel müssen herausführen, Gott würde ihm Beute bescheren, legte dann seinen Teppich mit den Speckseiten in die Hütte. Darauf setzten wir uns und waren froh, daß wir ein wenig Schutz und Sicherheit haben konnten. Die (Soldatenfrau gab sich enblich auch zutrieben. Sie kochte für die Offiziere des Regiments, ba half ihr die Mutter anrichten, kochen und braten und ging ihr zur Hand wie eine Magb. Diese Nacht, ungefähr um elf Uhr, staub die ganze Stadt Magde-burg im Feuer, und der Bater führte uns aus der Hütte, bamit wir die Zeit unseres Lebens bavon sagen könnten. Es war im Lager, welches boch so weit von der Stadt gelegen, alles von der großen Feuersglut so hell, daß man einen Bries dabei lesen konnte. Des anberit Tages, den 21. Mai, ging der Solbat mit seiner Frau in die Stadt und holte Beute. Die Mutter mußte unterdessen das Kind des Soldaten warten und das Essen besorgen, welches sie auch willig und gern that. Wir machten die Hütte zu, und der Vater saß stets barinnen, bamit man ihn nicht kennen mochte. Er aber konnte durch das Glas der Hütte sehen, wie viele gute Freuube, Bekannte, Bürger, auch Weibspersonen gefangen an Stricken durch das Lager geführt würden. Gegen Abenb kamen der Solbat und seine Frau wieder und brachten treffliche Beute an Geschmeide, Gold und köstlichem leinenen Geräte, und sagte der Soldat, es hätte ihm Gott solches deswegen beschert, weil er die kleinen Bübel herausgeführt, hielt es auch feiner Frau vor, daß sie gestern ihm verwiesen, daß er die Hütte voll Kinder gebracht, uni) war wohlzufrieden mit seinem überkommenen Glücke und dankte Gott, welches denn von Soldaten nicht leicht gebräuchlich ist. Er war ein gottesfürchtiger Mensch und sehr barmherzig. Gott vergelte ihm die Wohlthat, die er an uns that, ewiglich; wir werden auch am jüngsten Tage solche Wohlthat rühmen.
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