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1. Geschichtsbilder - S. 92

1890 - Leipzig : Richter
— 92 — ochuljtnare, l I, Schmirgel, ^eifc, und was der tjunbert Siebenfachen mehr sinb." Ich: „Und das muß einer alles aus beu sechs Groscheu bezahlen?" Er: „Ja, und noch viel mehr, wie z. B. den Lohn für-bte Wüsche, für das Gewehrputzen und so fort, wenn er solche Diuge nicht selber kann." Damit gingen wir in unser Quartier, und ich machte alles so gut ich konnte und mochte. Die erste Woche hatte ich noch frei. Ich ging in der Stadt herum auf alle Exerzierplätze, sah, wie die Offiziere ihre Soldaten musterten und prügelten, daß mir schon zum voraus der Augstschweiß Don der (Stirne troff. Dauu spazierte ich etwa an die Spree und sah ba hunbert Solbatenhänbe sich mit Aus- und (ginlaben der Kauft mannswaren beschäftigen, ober ich ging auf die Zimmerplätze, wo wieber alles voll arbeiteitber Kriegsmänner steckte, ein anbennal in die Kasernen und so fort. Da fand ich überall auch bergt eichen, die hunberterlei Hantierungen trieben, von Kunstwerken an bis zum Spinnrocken. Kam ich auf die Hauptwache, so gab's ba bereu, die spielten und tranken, anbere, welche ruhig ihr Pfeifchen schmauchten und sich unterhielten, etwa auch einen, der in einem erbaulichen Buche las und es den andern erklärte. In den Garküchen und Bierbrauereien ging's ebenso her. Kurz, in Berlin giebt's unter dem Militär — wie, denk ich freilich, in großen Staaten überall — Leute aus allen Weltteilen, von allen Nationen und Religionen und von jebern Berufe, womit einer noch liebetizu sein Stückcken Brot gewinnen kann. Die zweite Woche mußte ich mich schon alle Tage auf dem Parabe-Platze stellen, wo ich unvermutet einen Lanbsmann, Schärer mit Namen, sanb, der mit mir in der nämlichen Kompagnie sich besanb. Schärer war eben so arm wie ich; allein er bekam ein paar Groschen Zulage und boppelte Portion Brot; der Major hielt ein gut Stück mehr aus ihn als auf mich. Jnbessen waren wir Herzens-brüber; fojange einer etwas zu brechen hatte, konnte der anbere mitbeißen. Sobald das Exerzieren vorbei war, flogen Schürer uiib ich in Schottmanns Keller, tranken unsern Krug Rnppiner ober Kottbusser Bier, schmauchten ein Pfeifchen und trillerten ein Schweizerlieb. Immer horchten uns ba die Brandenburger und Pommern mit Lust zu. Etliche Herren ließen uns sogar oft expreß in die Garküche rufen, ihnen den Kuhreihen zu fingen. Meist bestaub der Lohn bloß in einer Suppe, aber in einer solchen Lage nimmt man auch mit noch weniger vorlieb. Ost erzählten wir einanber unsere Lebensweise zu Hause wie wohl es uns ba war, wie frei wir gewesen, und was es hingegen hier für ein verwünschtes Leben sei. Daun machten wir Pläne zu unserer Befreiung. Bald hatten wir Hoffnung, daß uns heute ober morgen einer berfelben gelingen möchte; balb hingegen sahen wir vor jebem einen unübersteiglichen Berg, und am meisten schreckte uns die Vorstellung der Folgen eines sehlschlagenben Versuches. Fast alle Wochen hörten wir neue ängstigeube Geschichten von eingebrachten Deserteurs,
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