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1. Die Hohenzollern von Kaiser Wilhelm II. bis zum Großen Kurfürsten - S. 6

1901 - Halle : Gesenius
— 6 — Nun hatte er einen Sohn, der stand in Berlin bei der Garde. Und so kam man überein, daß man es wollte auf seinen Ausspruch ankommen lassen; denn der müßte es doch wissen. 2. Schrieb drum der Vater einen langen Brief an seinen Ältesten und befragte ihn, was er zu der Angelegenheit meinte und zu der Armut der Eltern und dem Reichtume des Kaisers. Der Sohn war nun einer, dem hatte das Herz stets auf dem rechten Flecke gesessen, und da saß es auch noch. Und als seine Antwort ankam, machte der Vater ein lang Gesicht dazu. Aber so wenig sie ihm gefallen wollte: vorlesen mußte er sie doch. 3. Was aber der Sohn geschrieben hatte, lautete also: Mein lieber Vater! Euer letzter Brief hat mir wenig gefallen. Und nehmt mir's nicht übel, wenn ich Euch offen meines Herzens Meinung schreibe. Erstlich. Ihr würdet es doch nicht für schicklich halten, wenn des Meiers Pferdejunge mit Euch gleich stünde in Essen und Lohn — denn er ist der Pferdejunge und Ihr seid der Taglöhner — oder daß er feine Beine unter denselben Tisch streckte mit dem Meier und der Meierin. Ein Unterschied muß eben sein in der Welt. So hat's auch unser Herrgott gewollt, so steht's auch in der Bibel. Guckt nur hinein und Ihr werdet's schon finden und manches andere auch noch. Und so ist es auch ant besten. Wie könnte die Welt denn sonst wohl bestehen. Keiner wollte mehr arbeiten. Und wenn wir alle Leutnants fein wollten, wo nähme der Kaiser denn da seine Soldaten her! Zum andern. Was Ihr von unserm lieben Kaiser schreibt, hat mich recht in der Seele betrübt. Vor ein paar Tagen war er draußen beim Exerzieren. Und als alles aus war, kam er zu mir herein und schüttelte mir die Hand wie einem alten Bekannten. „Mein Sohn", sagte er zu mir, „Du bist ein braver und tüchtiger Soldat. Und hiermit befördere ich Dich zum Gefreiten". O Vater, da ward's mir fiedig heiß unter dem Waffenrock, das kann ich Euch sagen. Aber wenn ich Euern Brief schon gehabt hätte, da hätte ich mich doch rein schämen müssen. Es war nur ein Glück, daß er einen Tag später kam. Und drittens. Wenn Ihr meint, unser Kaiser mache sich einen guten Tag, so seid Ihr gar sehr auf dem Holzwege. Manch einer hat's in feiner Armut besser als er. 'S ist doch ein großer Unterschied dabei, ob man seine Ochsen an den Wagen spannt und 'naus auf den Acker fährt, oder ob man mit dem Kopfe arbeitet. Ich denke heut noch dran, wie fauer es mir geworden ist, bis ich das bißchen Instruktion im Kopfe hatte, und bin doch auch just keiner von den Dummen.
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