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1. Das Mittelalter - S. 77

1912 - Nürnberg : Korn
— 77 — Unglück und sprach: „Den Hammer hat niemand als der Riese. Leihe mir dein Federhemd; denn der Weg ins Land der Riesen ist weit." Freia gab ihm das Hemd; der Blitz schlüpfte hinein, schlug mit den Flügeln und flog wie ein Vogel ins Land der Riesen. Der Riese saß vor seinem Hause, kämmte den Rossen die Mähnen und band seinen Jagdhunden goldene Bänder um den Hals. „Wie geht's den Göttern? Warum kommst du so allein zu mir?" fragte er. Der Blitz antwortete: „Hast du vielleicht den Hammer des Donnergottes?" Da lachte der Riese: „Der ist gut aufgehoben, acht Klafter tief in der Erde. Dort bekommt ihn keiner, der mir nicht Freia als Braut bringt." Da flog der Blitz heim und sprach zum Donnergott: „Der Riese hat den Hammer; aber er gibt ihn nicht her, wenn er nicht Freia zur Frau bekommt." Sie gingen zu Freia und der Blitz sagte: „Jetzt, Freia, kleide dich schnell als Braut an! Wir reisen mitsammen ins Land der Riesen." Da antwortete Freia: „Ihr haltet mich wohl beide für eine Närrin? Ist nicht Wotan mein Ehegemahl?" Da riefen sie die Götter zusammen und alle versammelten sich in der Walhalla um Wotan, der nur ein einziges Auge hat. Er saß mit seinem blauen Mantel am Herde; zwei Raben standen auf seiner Schulter und zwei zahme Wölfe lagen zu seinen Füßen. Wie sie nun vom Eber aßen und Bier und Met tranken, da sagte einer der Götter: „Wir ziehen dem Donnergott Freias schönste Kleider an und schicken ihn so dem Riesen als Braut. Das ist mein Rat." Da lachten alle Götter und Göttinnen, nur der Donnergott redete heftig dagegen. „Das geschieht mir nicht!" rief er; „soll ich allen zum Gespött werden?" Aber der Blitz sprach ihm zu: „Holst du nicht bald deinen Hammer, so kommen die Riesen zu uns in den Himmel und jageu uns alle aus der Götterburg!" Er zog dem Donnergott Freias schönste Kleider an, band ihm den Schleier vor den roten Bart, hing ihm die goldene Kette um den Hals und die Schlüssel an den Gürtel und setzte ihm den Brautkranz auf den roten Haarschopf. Dann zog auch der Blitz Frauenkleider an und sagte: „Ich will deine Magd sein!" So setzten sie sich in den Wagen und fuhren ins Land der Riesen. Der Riese stand am Fenster; als er den Wagen kommen sah, rief er: „Freia kommt! Schnell stellt die Bänke vor den Tisch! Gold und Silber habe ich genug; nur eine Frau hat mir noch gefehlt." Man setzte sich zum Hochzeitsmahle nieder; bis das Essen fertig war, wurden Bier und Met aus Trinkhörnern getrunken. Der Riese saß neben der Braut; sie redete kein Wort während der ganzen Mahlzeit; dafür aß sie allein das Fleisch von einem Ochsen und acht Lachsen, naschte alles süße Honigbackwerk und trank drei große Kannen Met dazu. „Die Braut hat
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