1912 -
Nürnberg
: Korn
- Autor: Scheiblhuber, Alois Clemens
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
— 193 —
Waffen beraubt. So ohne Rüstung wurde er fortgeführt. Ein Ritter aber verfolgte ihn mit dem Ruf: „Da ist der König, der meinen Bruder schmachvoll getötet hat; jetzt soll er die Tat büßen!" Sprach's, zog das Schwert und versetzte dem Böhmenkönig einen kräftigen Hieb ins Gesicht. Ein zweiter Ritter aber, der diesem folgte, durchbohrte den Leib des Königs mit dem Schwerte. Der, welcher Ottokar gefangen hatte, war sehr aufgebracht darüber und würde den Böhmenkönig gern geschützt haben, wenn seine Kräfte ausgereicht hätten.
Auch König Rudolf kämpfte gegen seine Feinde auf das tapferste. Endlich kam ein starker Mann und bedrängte den König mit seinen Hieben. Und da er den König nicht besiegen konnte, durchbohrte er dessen Roß mit der Lanze. Retter und Roß stürzten zugleich; der König lag auf der Erde hingestreckt neben einem Bache ohne alle Hilfe. Er legte seinen Schild auf sich, um nicht sogleich von den Füßen der Rosse zertreten zu werden. Nachdem die Pferde vorüber waren, hob ihn jemand vom Boden auf. Da sagte Rudolf: „Rüstet mir schnell ein anderes Pferd!" Sobald dies geschehen war, bestieg er das Roß und rief mit starker Stimme die ©einigen heran, ihm zu helfen. Es kamen etwa 50 zu ihm. Mit diesen fiel er dem böhmischen Heere in die Seite, teilte es in zwei Teile und warf sich mit Macht auf den Hinteren Teil. Der vordere Teil des böhmischen Heeres rief: „Sie fliehen! sie fliehen!" um so das Heer des Königs Rudolf zu täuschen. Aber je mehr die Böhmen schrien, um so mehr bedrängten die Deutschen sie mit ihren Hieben. Man sagt, daß in dieser Schlacht 14 000 Mann ihr Leben eingebüßt hätten.
König Rudolf blieb mit den Seinen nach der Sitte drei Tage lang auf dem Schlachtfelde, damit niemand seinen Sieg anzweifeln könne. Unter den Leichen der Gefallenen wurde der Böhmenkönig tot aufgefunden. Als Rudolf die blutige Leiche des Königs erblickte, der nackt und des königlichen Schmuckes beraubt dalag, jammerte ihn dessen kläglicher Fall. Er ließ den Toten auf einem erhöhten Platz sorgfältig bewacht zur Schau stellen, damit alle sich überzeugen könnten, daß er gefallen und tot sei. Er dachte dabei an beit ehemaligen Kaiser Friedrich, über den damals viele stritten, ob er gestorben sei oder noch lebe. Auf dem Marchfelde, wo die Toten haufenweise lagen, entstand eine so üble Ausdünstung, daß mehrere Leute des Dorfes Dürnkrut erkrankten oder starben; auch Geistererscheinungen setzten viele Abergläubische in großen Schrecken. Nach der Schlacht blieb König Rudolf so lange in Wien, bis er alles geordnet hatte. Das Land Österreich gab er seinen Söhnen Rudolf und Albrecht und machte sie zu Herzogen.
Sche iblhuder, Deutsche Geschichte. I. Band. 3. Auflage.
13