Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Die Neuzeit - S. 91

1907 - Nürnberg : Korn
— 91 — Nachbarn möchten die in ihrem Hause fürchterlich tobenden, fluchenden und unaufhörlich nach Beute rufenden Soldaten aus großer Angst zu uns herüber weifen. Wir verhielten uns in unserer Kammer mäuschenstill. Nach einer Weile schlich der Vater sich wieder ins Vorderhaus, um zu sehen, wie es dort hergehe. Aber alsbald wurde ein Trupp Plünderer seiner ansichtig und stürzte mit großem Geschrei auf ihn zu. Das hörte die Mutter, lief auch hervor und wir Kinder folgten ihr. Es waren sieben Soldaten; alle hatten brennende Lunten, redeten eine fremde Sprache und wir entnahmen bloß aus ihren Geberden, daß sie Geld haben wollten. Die Entschuldigung des Vaters, daß uns bereits alles genommen sei, verstanden sie nicht. Sie schossen zweimal im Flur nach ihm; die Kugeln fuhren aber in die Wand, ohne ihn zu treffen. Indem sich die Eltern nun in die Stube reteriereu wollten, hieb einer mit seiner Hellebarde nach dem Vater, verfehlte ihn aber zum Glück ebenfalls. Als der Vater endlich den Offizier lateinisch anredete und ihm, da er kein Geld mehr habe, Kleider, Leinwand, Zinn rc. anbot, wurden sie etwas ruhiger. Der Offizier verlangte aber Geld; bekomme er dies, dann wolle er die Soldaten alsbald wegführen. Da besann sich die Mutter auf ein Kästchen, in welchem Perlen waren, auch das uns Kindern gehörige Patengeld, führte den Offizier hinauf, gab ihm dasselbe und bat ihn zugleich, uns gegen ein Lösegeld ans der Stadt zu helfen. Allein er wollte nichts davon hören, fluchte gewaltig, nahm den besten Mantel des Vaters, welchen dieser nur bei feierlichen Gelegenheiten trug, hing sich denselben um und ging davon. Wir suchten unser Versteck in dem Kämmerchen wieder auf. Die Soldaten aber, nachdem sie dem Frühstück weidlich zugesprochen, liefen noch fast eine halbe Stunde im Hause umher, schlugen alles auf und suchten nach Beute. Jedoch kam keiner in den Stall. Als es etwa um neun Uhr wieder ein wenig still ward, sagte der Vater, nun wollten wir uns erst recht verstecken und zwar auf dem alten, wie ein Taubenschlag eingerichteten und finsteren Boden, wo wir aber sämtlich hätten verbrennen müssen, wenn wir dort geblieben und nicht von Gott, den wir nicht genug dafür preisen können, wunderbar hervorgezogen worden wären. 2. Unsere frühere Magd, die an einen Nadler verheiratet war, hatte ihre Zuflucht zu uns genommen, da sie ihren Mann, welcher die Wache an der Lakenmacherpforte gehabt, verloren gab, und sich mit uns in die Kammer versteckt. Sie blieb, als wir diese verließen, noch zurück, um erst einen Korb sicher zu verbergen, worin ihre Habe war. Als sie damit fertig war und nun über den Hof lief, ward ein Soldat ihrer ansichtig
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer