Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Die Neuzeit - S. 162

1907 - Nürnberg : Korn
Sie gingen durch drei Zimmer. Im vierten, einem kleinen Zimmer mit einem Fenster, war der König. Der Großkanzler ging den drei Räten voran; vor der Türe stand im Zimmer ein Schirm, gegen den sie sich mit dem Rücken stellten. Der König saß mitten im Zimmer, so daß er ihnen gerade in das Gesicht sehen konnte, mit dem Rücken gegen den Kamin, worin das Feuer brannte. Er hatte einen schlichten Hut auf, der wie die Predigerhüte geformt war, und trug einen Überrock von Moll oder Samt, schwarze Beinkleider und Stiesel, die ganz in die Höhe gezogen waren. Er war nicht frisiert. Drei kleine Bänke, mit grünem Tuch beschlagen, stauben vor ihm, worauf seine Füße lagen. Er hatte eine Art Muff vor sich, worin er die eine Hand steckte, an der er wegen der Gicht große Schmerzen litt. In der anberrt hielt er das Arnolb'sche Urteil. Er saß in einem Lehnsessel. Zur linken staub ein Tisch; verschobene Papiere lagen barauf und zwei golbene, reich mit Brillanten besetzte Dosen, aus benen er von Zeit zu Zeit Tabak nahm. Im Zimmer war noch der Sekretär, der an einem Pult staub und sich zum Schreiben fertig machte. Der König sah die Vier an und sagte: „Tretet naher!" Sie taten einen Schritt vorwärts, so daß sie nicht zwei Schritte von ihm stauben. Jetzt fragte er die bret Räte, ohne sich um den Kanzler zu kümmern: „Seid ihr biejenigeti, welche das Arnolb'sche Urteil gemacht haben?" Sie sagten ja. Hieraus waubte sich der König att bett Rat Friedet: „Wettn matt ein Urteil gegen einen Bauern sprechen will, dem man seinen Wagen und Pflug und alles genommen hat, wovon er sich nähren und seine Abgaben bezahlen soll, — kann man das tun?" — „Nein," antwortete der Rat. — „Kann man einem Müller," fuhr der König fort, „der kein Wasser hat und nicht mahlen, also auch nichts oerbienen kann, die Mühle beshalb nehmen, weil er keinen Pacht bezahlt hat? Ist das gerecht?" — „Nein," antwortete der Rat. — „Hier ist aber nun ein Ebelmann," sagte der König, „der will einen Teich machen. Und um mehr Wasser in dem Teich zu haben, läßt er einen Graben machen und das Wasser aus einem kleinen Fluß, der eine Mühle treibt, in seinen Teich leiten. Der Müller verliert baburch das Wasser und kann nicht mahlen. Und wenn das noch möglich wäre, so kann er im Frühjahr 14 Tage und im Spätherbst noch etwa 14 Tage mahlen. Dennoch wirb verlangt, der Müller soll nach wie vor seine Zinsen geben, die er sonst entrichtete, ba er noch das volle Wasser für seine Mühle hatte. Er kann aber die Zinsen nicht mehr bezahlen, weil er die Einnahme nicht mehr hat. Was tut die Küstriu'sche Justiz? Sie befiehlt, daß die Mühle verkauft werden soll, damit der Edelmann seinen Pacht kriegt. Und das Berliner Tribunal . . .
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer