Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Die Neuzeit - S. 168

1907 - Nürnberg : Korn
Bei dem Palais der Prinzessin Amalie angekommen, war die Menge noch dichter; denn sie erwarteten ihn da. Der Vorhof war gedrängt voll, doch in der Mitte ohne Anwesenheit irgend einer Polizei geräumiger Platz für ihn und seine Begleiter. Er lenkte in den Hof hinein. Die Flügeltüren gingen auf und die alte, lahme Prinzessin Amalie, auf zwei Damen gestützt, die Oberhofmeisterin hinter ihr her, wankte die flachen Stiegen hinab ihm entgegen. Sowie er sie gewahr wurde, setzte er sich in Galopp, hielt, sprang rasch vom Pferde, zog den Hut, den er nun aber mit herabhängendem Arm ganz unten hielt, umarmte sie, bot ihr den Arm und führte sie die Treppe wieder hinauf. Die Flügeltüren gingen zu; alles war verschwunden und noch stand die Menge entblößten Hauptes, schweigend, alle Augen auf den Fleck gerichtet, wo er verschwunden war. Und es dauerte eine Weile, bis ein jeder sich sammelte und ruhig seines Weges ging. Und doch war nichts geschehen! Keine Pracht, kein Feuerwerk, keine Kanonenschüsse, keine Trommeln und Pfeifen, keine Musik, kein vorangegangenes Ereignis! Nein, nur ein dreinndsiebzigjähriger Mann, schlecht gekleidet, staubbedeckt, kehrte von seinem mühsamen Tagewerk zurück. Aber jedermann wußte, daß dieser Alte auch für ihn arbeite, daß er fein ganzes Leben an diese Arbeit gesetzt und sie seit 45 Jahren noch nicht einen einzigen Tag versäumt hatte. Jedermann sah auch die Früchte seiner Arbeiten, nah und fern, rund um sich her, und wenn man auf ihn blickte, so regte sich Ehrfurcht, Bewunderung, Stolz, Vertrauen, kurz alle edleren Gefühle des Menschen. Der König und der General Zielen. Am Sonnabend den 25. Dezember 1784 ging Zieten trotz seiner 86 Jahre am Ende der Parade aus das Schloß, um feinem Monarchen das letzte Opfer seiner Ehrfurcht zu bringen und ihn nach einer Zwischenzeit von sechs Monaten wieder zu sehen. Die Parole war schon ausgegeben, den Generalen ihre Befehle erteilt und der König wandte sich eben zu den anwesenden Prinzen, als er den betagten Zieten bemerkte, der am andern Ende des Saales stand, zwischen seinem Sohn und seinen beiden Adjutanten. Der König ward von seiner Gegenwart angenehm überrascht und eilte sogleich mit dem Ausruf auf ihn zu: „Wie, mein guter alter Zieten, Er hier! Wie bedaure ich, daß Er die vielen Treppen hat steigen müssen! Ich wäre gerne selbst zu Ihm gekommen. Wie befindet Er sich?" — „Sire," antwortete Zieten, „meine Gesundheit ist
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer