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1. Die Neuzeit - S. 225

1907 - Nürnberg : Korn
— 225 — Dir Krise nach Liba. (1814.) Nach seiner Abdankung verließ Napoleon das Schloß Fontainebleau mit keinem Schritte. Er verschickte Bücher, Waffen, Orden und Müuzeu an seine Freunde. Wenn er allein war, schien er sehr verstört und gedrückt. In der Kirche rieb er sich bald mit der Hand die Stirne, bald steckte er einen Finger in den Mund, und kaute daran; er war äußerst unruhig und aufgeregt. Hernach ließ er sich den österreichischen General Roller und die fremden Offiziere vorstellen, die ihn nach Elba geleiten sollten. Er trug eine alte grüne Uniform mit goldenen Epauletten, blaue Beinkleider und rote Kappenstiefel; er sah vernachlässigt aus, unrasiert und ungekämmt; Reste von Schnupftabak lagen auf seiner Oberlippe und seiner Brust. Mehrere Tage hindurch wurden an 100 Packwagen mit Geld, Möbeln, Bronzen, Gemälden und Statuen vollgepackt, womit der Kaiser sein neues Besitztum ausstatten wollte. Auch eine Abteilung seiner Garde wollte er als Begleitung mitnehmen. Es meldeten sich Offiziere und Mannschaften, unter denen er eine Auswahl von 800 Mann traf, Soldaten, die mit Narben und Auszeichnungen bedeckt waren. Endlich konnte die Abreise auf einen Bormittag festgesetzt werden. Der kaiserliche Flügeladjutant trat ein und meldete im Aufträge des Oberstmarschalls, es sei alles zur Abfahrt bereit und bald elf Uhr. „Oho," rief Napoleon, „kennt mich etwa der Herr Oberstmarschall nicht? Seit wann ist es Branch, daß ich mich nach seiner Uhr zu richten habe? Ich werde abreisen, wenn es mir beliebt. Und vielleicht beliebt es mir gar nicht!" Es war nahezu Mittag, als Napoleon über die Marmortreppe des Schlosses in den großen Hof hinabstieg, wo die alte Garde in Schlachtordnung aufgestellt war. Der Kaiser ließ die Trommel rühren; die Generale und Offiziere bildeten um ihn einen Halbkreis. Er trat vor die Soldaten und sprach sichtlich ergriffen zu feinen bewährten Waffengenoffen: „Ich sage euch Lebewohl! Durch 20 Jahre habe ich euch brav und treu gefunden. Ich danke euch für die edle Aufopferung, die ihr mir in den letzten Tagen bewiesen habt." Dann winkte er ihren General herbei, küßte ihn auf beide Wangen und ließ die Adler der Garde heranbringen, die er an fein Herz drückte. „Ich kann euch nicht alle umarmen," rief er mit bewegter Stimme; „aber ich umarme und küsse euren General und eure Adler. Lebt wohl! Meine Wünsche werden euch stets begleiten. Bewahret mir eure Erinnerung!" Tränen flössen über die wettergebräunten Backen der alten Soldaten. Die Generale und Offiziere drängten sich um den Kaiser und küßten ihm die Hände. Hinter einer kleinen Schar Reiter fuhren einige Offiziere dem Zug voran. Der Scheiblhuber, Deutsche Geschichte. 2. Teil. 15
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