1913 -
Langensalza
: Beltz
- Autor: Reiniger, Max, Hemprich, Karl, Fritzsche, Richard
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Unterrichtstheorie
- Inhalt: Zeit: Antike, Mittelalter
Die Hansa.
Die Zusammenkunft war für die Hansa bedeutungsvoll; hier geschah es nämlich zum erstenmal, daß hansische Abgeordnete nicht nur als Vertreter der Kaufmannsgilden ihrer Heimatorte, sondern als Bevollmächtigte der hansischen Städte selbst gemeinsam verhandelten. Die Hansa galt von nun an eigentlich erst als eine wirkliche Städtevereinigung.
Welcher Beschluß wurde nun im Lübecker Rathause gefaßt?
Der Bedrohung des deutschen Handels durch König Waldemar sollte mit vereinigter Waffengewalt entgegengetreten werden. Aber es hatte doch mehrere Tage gedauert, ehe man den Entschluß faßte. Während die hansischen Abgeordneten im Saale verhandelten, harrte draußen auf dem Marktplatz eine gedrängte Volksmenge. Und als der Kriegsbefchluß bekannt wurde, schüttelte doch mancher bedächtig seinen grauen Kopf und nannte es eine Vermessenheit, daß ein Bund von Städten mit dem mächtigsten Fürsten des Nordens Krieg anfangen wollte Solche Warnungen waren auch bei den Beratungen selbst schon verschiedentlich laut geworden, und es kam dann immer zu sehr erregten Auseinandersetzungen.'
In einer solchen bedrohlichen Stunde trat Johann Wittenborg, der Bürgermeister von Lübeck, in den Hansasaal. Er kam gerade von den Schiffswerften im Hafen, wo er neue Anweisungen für schleunige Reparatur der Schiffe erteilt hatte. Der Ratsbote hatte ihn eilig herbeigerufen, damit er der Unschlüffigkeit der Versammlung ein Ende macke. 'Wie ein stolzer Feldherr, der siegesmutig zum Angriff vorstürmt, schritt Wittenborg im klirrenden Eisenpanzer nach dem Rednerpult^ Und als er den Helm abnahm und jeder das edelstolze, feste und mannesernste Antlitz sah, entrang sich allen ein Ton der Bewunderung. Daraus begann der Bürgermeister folgende Rede: „Was hadert ihr und was habt ihr noch Bedenken? Wer ist es, der euch und eure Schiffe, eure Waren und eure Handelshäuser und euer Geld beschützen kann? Wer hat Macht, euch für den Verlust der Insel Gotland und der schönen Stadt Wisby zu rächen und zu entschädigen? Das Deutsche Reich zerfällt und verdirbt, und der Kaiser kann seine Landeskinder nicht mehr schützen. Als die staufischen Kaiser noch waren und der Löwenherzog an der Ostsee das Schwert des Sachsenreiches und die deutsche Wacht hielt, hatte sich keiner getraut, unser Eigentum anzugreifen und unfern Handel zu ' schädigen. Kaiser und Reich liegen jetzt da in Ohnmacht und Armut. Es gibt in Deutschland keinen andern Schirmherrn gegen Raub, Gewalt und Willkür als die Faust jedes Mannes, der Schimpf und Unrecht zu dulden nicht gewillt ist. Zwar glaube ich nicht, daß ein Feigling unter euch ist. Aber wer ist für sich allein so stark wie der Raubritter, der euch auf den Straßen bedroht! Was vermag die einzelne Stadt anzufangen gegen die Gewalttat eines heeresmächtigen Fürsten! Wollt ihr Rohrhalme bleiben, von jedem Wind gebrochen? Ein Wort von euch schnürt sie zum Pfeilbund, der unzerbrechlich ist! Wollt ihr das Lebensblut in euch verströmen lassen, wo gierige Hand ihm die Adern aufreißt? Seid ihr dazu gekommen, so geht nach Haufe, reißt die Mauern eurer Städte nieder; denn ihr tragt kein Blut in euch, sie zu schützen! Werft Feuer in eure ©cliiffe; denn ihr braucht sie nicht mehr. Bittet Waldemar, daß er auch eure Kaufhäuser zu Bergen und Nowgorod feinen Töchtern zur Mitgift nehme und die Ostsee von euch zum Geschenk! Kniet hin vor ihm und bittet, daß er den ermordeten Bürgern der edlen Stadt Wisby vergibt, daß ihr Reichtum feine Gier gereizt! Leistet ihm Eidpflicht, Geld und Gut eurer Stadt ihm vor die Füße zu legen! Denn wenn ihr eure Habe, eure Rechte und Freiheit nicht bringt, wird er morgen zu euch kommen, sie zu holen!" Ein lautes, wirres Stimm eng etöfe brach nach den Worten des Redners hervor. „Wir find ein Hanfabund zu