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1. Von der deutschen Urzeit bis zur Reformation - S. 277

1913 - Langensalza : Beltz
Die Reformation. 277 Man kann es sich kaum vorstellen, in welchem Elend diese Bauern ihr Dasein fristeten. Sie wohnten in schlechten Häuschen, von Holz und Lehm gebaut, auf das Erdreich gesetzt und mit Stroh gedeckt. Sie aßen schwarzes trockenes Brot, Haferbrei oder gekochte Erbsen und Linsen. Das ganze Jahr hindurch mußten sie sich auf dem Felde oder dem Hofe des Gutsherrn placken, und wenn sie müde und matt waren und die Arbeit den Aufsehern dann nicht schnell genug vonstatten ging, dann bekamen sie gar den Knüttel oder die Peitsche zu fühlen. Der Gutsherr hatte es sogar in feiner Macht, die Familienbande feiner leibeigenen Bauern zu zerstören. Wenn er meinte, diese oder jene Magd, diesen oder jenen Bauernsohn auf einem andern seiner Güter besser verwenden zu können, dann mußten sich Tochter und Sohn von den Eltern trennen und sahen sich nie wieder. Ja, es kam sogar manchmal vor, daß die Gutsherren Leibeigene miteinander austauschten. So wurden diese armen Bauern wie eine Ware verhandelt. Niemand nahm sich ihrer an. Sie waren völlig schutzlos. Vielen nahm der Herr wegen Widerstands, Jagdvergehens und dergl. alles Hab und Gut. Die Bedauernswerten liefen nun als Bettler im Lande umher ober gingen zum Inden, borgten sich Geld und mußten sich nun ihr Leben lang plagen, um die hohen Wucherzinsen, 30 Proz. und darüber, auszubringen. Überschrift? Zusammenfassung: Die Lage der Bauern zur Zeit der Reformation. 2. Diese recht- und schutzlose Lage, der Druck der Abgaben und der Fronzwang nährte in dem Bauernvolk einen tiefen Groll. Er bedurfte nur eines Anlasses, um in Empörung loszubrechen. Und da kam Luther und ließ seine Schrift: „Von der Freiheit eines Christenmenschen" in das Land hinausgehen. Die Christen sinb vor Gott einanber gleich ltnb frei. Der Gebanke bet christlichen Freiheit ergriff die unfreien Bauern mächtig; er würde von ihnen auf die traurige Lage ihres Standes angewanbt: Als Christenmenschen seien sie nicht Sklaven, sonbem Brüber ihrer Gutsherrn; darum müßten ihnen Freiheit und Recht zurückgegeben werden. Helft uns, christliche Brüder, ans unserm Elende! Erlaßt uns die Fronden! Verringert unsere Lasten! Gebt uns dies und das! So wurde die Freiheit auch ihr Losungswort. Freiheit und Erlösung von Druck und Drang. Und Dr Luther billigte das Verlangen der Bauern nach Besserung ihrer traurigen Lage. „Den armen Mann soll man nicht schinden und quälen," rief er, der große Bauernsohn, in Flugschriften den Herren und Fürsten zu. Aber er war entschieden dagegen, daß die Bauern sich gewalttätig gegen ihre Herren auflehnten. Das geschah nun. Schuld daran waren die reformatorifchen Schwarmgeister mit ihren aufreizend en Predigten. Der aus Zwickau vertriebene Thomas Münzer hatte auf feinen Wanderfahrten durch Mittel- und Süddeutschland den Bauern Luthers Schrift von der christlichen Freiheit nach feinem eigenen Sinn ausgelegt und deutete diese dahin, daß überhaupt kein Gesetz und keine Obrigkeit mehr nötig feien; alle geistliche und weltliche Gewalt müsse aufgehoben werden; im „Reich der Heiligen" müßten alle Menschen gleich fein, und jeder Unterschied zwischen reich und arm müßte verschwinben. Begeistert liefen die Bauern bett Schwarmgeistern zu. Vergebens mahnte Luther zur Besinnung und Mäßigung. Das Ci war in die Glut gegossen; hell loderte nun die Flamme des Aufruhrs auf.
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