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1. Der erste geschichtliche Unterricht - S. 60

1872 - Heidelberg : Weiß
— 60 — dem vielgeplagten Bauernstande durch Aufhebung der Leibeigenschaft und Fronen empor; die Schulen erhielten eine zeitgemäßere Einrichtung; die Klöster, welche sich nicht mit Krankenpflege oder Jugendunterricht beschäftigten, wurden aufgehoben und ihr Vermögen zu gemeinnützigen Zwecken verwendet. Dabei suchte er sich durch eigene Anschauung zu überzeugen, ob seine Anordnungen vollzogen wurden. Er bekümmerte sich um alle Verhältnisse des bürgerlichen Gebens, machte sich bekannt mit der Lage der Armen und suchte der Not und dem Elend des Volkes auf jedmögliche Weise zu 'teueru. Bei seinem gutmütigen, herablassenden und gerechten Wesen wurde er bald der Abgott des Volkes. Jedermann in seinem Reiche sollte freie Religionsübung haben, -ues erschreckte den Papst Pins und er reiste selbst nach Wien, um den Kaiser auf andere Wege zu bringen. Joseph holte den heiligen Vater mit den größten Ehrenbezeugungen ein und fuhr mit ihm unter dem Jubel der Wiener in demselben Wagen nach der Haup' Uadt. Vier Wochen verweilte der Papst in Wien und erhielt von Joseph alle möglichen Beweise der Ehrfurcht und Hochachtung; aber cme Änderung der getroffenen Einrichtungen erreichte er nicht. Joseph versuchte auch in all seinen Staaten die gleichen Gesetze, die gleiche Steuer und das gleiche Gerichtsverfahren einzuführen. Vor dem Gesetze sollten alle gleich sein. Aber bei der Verschieden-artigfeit der österreichischen Staaten war dies Streben nach Einheit unmöglich. Der größte Teil des Volkes verkannte hierin die edle Absicht des Kaisers. Viele sahen sich in ihren bisherigen Vorrech-ten beschränkt oder in ihren eigennützigen Bestrebungen gehemmt. Belgien verweigerte die Steuern, lehnte sich auf und erklärte sich unabhängig. In Ungarn benützte der unzufriedene Adel und die erbitterte Geistlichkeit die Abneigung des Volkes gegen die deutsche Sprache und deutsches Wesen, so daß der Kaiser alle bisherigen Änderungen aufheben und die alte Verfassung Ungarns wieder herstellen mußte. Der Schmerz über das Scheitern seiner besten Absichten beschleunigte seinen Tod. Kurz vor seinem Ende schrieb er ddn sich selbst: „Ich kenne mein Herz; ich bin von der Redlichkeit meiner Absichten in meinem Innersten überzeugt und hoffe, daß, wenn ich einst nicht mehr bin, die Nachwelt billiger, gerechter und unparteiischer dasjenige untersuchen und prüfen, auch beurteilen wird, was ich für mein Volk gethan." ^ Joseph Ii. starb im 49. Jahre seines Lebens im Februar 1790. Da er keine Kinder hinterließ, folgte ihm fein Bruder Leopold, der bisher Großherzog von Toseana war. Obwohl Leopold Ii. nur Nttnige Jahre regierte, so gelang es feiner Mäßigkeit, feiner Ruhe
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