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1. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 473

1906 - München : Oldenbourg
96. Vor fünfundzwanzig Jahren. 473 träumerischen Frieden eines Einsiedlers zu gewinnen. Auch die Jahre des Privatmannes waren volles, tätiges, erfolgreiches Leben. Er war keine politische Macht mehr, aber noch im Greisenalter eine weithin wirkende Kraft! Trotz der Erfahrungen, die so bitter waren, daß ihn der Verlust der königlichen Rechte säst ein Glück bedüukte, bewahrte er sich warme Empfindung für Wohl und Wehe des Vaterlandes. Es genügt ein Beispiel um zu zeigen, wie er sich bezwiugeu und das beleidigte Ich vergessen konnte, wenn es sich um ein Werk handelte, das für Volk und Stadt von dauerndem Werte war. Am 20. März 1848 legte er, durch die feindselige Haltung der Münchener Bürgerschaft bewogen, die Krone nieder; am 21. März verordnete er, daß der schönste Platz Münchens einen würdigen Abschluß durch ein griechisches Prachttor, die Propyläen, erhalte. Bewundernswerte Arbeitskraft, geistige und körperliche Rüstigkeit blieben ihm treu bis aus Ende. Wenn erst der Brieswechsel zwischen ihm und seinem „Kunstgeneralbevollmächtigten, Staatsrat, Hosskulpteur, Hausmeister, Gärtner und Zimmermaler" in der Villa Malta in Rom, Martin Wagner, veröffentlicht ist, wird alle Welt aus den hundert und hundert Blättern mit Staunen ersehen, welche Riesenpläne den greisen Fürsten noch beschäftigt haben. Diese Briefe werden auch am klarsten zeigen, wie Ludwig seine Kunstunternehmuugeu aus langer Haud vorzubereiten pflegte, wie jede neue Schöpfung ein notwendiges Glied in der Kette und das schön Gedachte zur rechten Zeit in das Leben tritt. Sobald er für seine geistige Spannkraft fürchtete, fuhr er über die Alpen um sich in der ewigeu Stadt gesuud zu baden im Geuuß der Antike und eines fröhlichen, bunten Künstlerlebens. In welchem Grade er sich seiner sicher glaubte, bewies er im Herbste 1867. Damals, schon 81 Jahre alt, besuchte er seiue Vaterstadt Straßburg, dann Paris und hier wanderte er in den Hallen der Weltausstellung von früh bis spät umher. „Vou 4 Uhr morgens bis 4 Uhr abends stehe ich allezeit zu Gebote", erwiderte er aus die Anfrage Napoleons Iii., um welche Zeit er den Besuch seines Gastes erwidern dürfe. Was er dort in der exposition des beaux arts sah, war ein anderes, als was er einst von Rom nach München verpflanzt hatte, doch war er geistig so reich und frei, daß er keinen Stillstand der Kunst verlangte, weil sie zu anderen Grundsätzen als den seinen sich bekehrte. Er gab zu, daß eben das echte Künstlerstreben, das Suchen nach Wahrheit und Natur immer wieder auf neue Wege führt, wenn sie uns auch zeitweilig nur Sackgassen dünken. Er war freudig bewegt, daß die Münchener Pilotyschnle in der Seinestadt, die noch immer die Metropole der Kunst ist, rühmliche Triumphe feierte. „Liebe die Franzosen nicht", schrieb er an einen Künstler, „sie sind, so lauge sie wenigstens Elsaß nicht herausgeben, Teutschlands Erbfeind; aber es hat mich gefreut, daß sie Münchens Künstler so hoch schützen, ihnen so viele Medaillen .zuerkennend."
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