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1. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 519

1906 - München : Oldenbourg
107. Mit einem Königsherzen. 519 Was soll ich von dem Orte selber Neues berichten? Auch Ampfing zollte dem königlichen Herzen im selben Maße wie Anzing den vollen Tribut dankbarer Liebe. Nach würdiger Beisetzung und Abholung des königlichen Herzens begleitete die Geistlichkeit und ein Bataillon Kraibnrger Landwehr nebst 70 Zöglingen des Salesianer-Institutes aus dem nahe gelegenen großartigen, vormals gräflich Geldernschen Schlosse Zangenberg noch bis an die Grenze der Ampfinger Markung den Zug durch eine zahllose Volksmenge. Auch dieser kleine Ort hatte vollkommen bewiesen, daß Treue und Liebe des Volkes zu seinem Königshaus iu Bayern noch keine leeren, unwahren Begriffe sind. Gegen halb 4 Uhr kamen wir auf die Höhe von Ecksberg. Unter uns rauschte der Inn mit wildgeschwollener Flut ins weite, fruchtbare Tal-gefild. Die Schneehäupter der Salzburger Alpen glänzten in hehrer Majestät zu uns herüber. Die Glocken der Kirche von Ecksberg vermengten ihren Trauerklang mit einem anderen fernen Geläute tief unten im Tal. Und als der Trauerzug langsam vorüberfuhr, da stand — welch eigentümlich wehmütiges Bild in dieser freien, erhabenen Natur! — der durch seine hochherzige Anstalt weithin bekannte Pfarrer von Ecksberg an der Spitze seiner bemitleidenswerten, stumpfsinnigen Pflegekinder und sie hielten alle die rechte Hand aufs Herz und grüßten mit blödem Antlitz den ernsten Zug, den ihr geistiges Auge wohl nur wie durch einen Schleier verdüstert beschaute. Bald darauf verkündeten noch auf der Höhe ferne Böllerschüsse die Nähe von Mühldorf am tiefen Ufer des Inn. Da dort nach dem ursprünglichen Programm gar nicht still gehalten werden sollte, hatten die Bewohner Mühldorfs in München die Bitte gestellt, daß das königliche Herz, wenn auch nur eine Viertelstunde, in ihrer Stadtkirche beigesetzt werden möge, damit sie ihm wenigstens im Gotteshause ihre Liebe und Dankbarkeit sichtlich beweisen könnten. Diese Bitte ward ihnen denn auch gewährt. Ich will nun gar nicht reden von der überaus zahlreichen und festlichen Prozession, die den Trauerzug durch die mit ihren flachen Dächern und arkadenartigen Hallen völlig an südlichen Typus mahnende Hauptstraße geleitete. Besonders die reichen Standarten der Zünfte und die Scharen von weißen Mädchen und Jungfrauen mit weißen Rosen und Myrten im Haar schufen einen wahrhaft poetischen Anblick. Dazu der Trauermarsch der Landwehr, durch deren Reihen der Zug in die Kirche wallte, und über allem ein unbewölkter Himmel, schweigend und feierlich, wie die an den Fenstern und auf der Straße dichtgedrängte Volksmenge — eine Stimmung so ganz des toten Königsherzens würdig, dem dies ehrfurchtsvolle Schweigen galt. Aber von ihrer Kirche will und muß ich den Mühldorfern laut zum Ruhme nachsagen, daß ich wie die anderen Mitglieder der Hoskommission wohl nicht leicht ein mit reicherem Aufwand und ausgesuchterem Geschmack geschmücktes Gotteshaus gesehen habe. Der ganze Chor wder alten, auch
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