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1. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 524

1906 - München : Oldenbourg
524 109. Richard Wagners Berufung durch König Ludwig ü. Heil dir, o Herr, der du dem zagenden Aber bewegt vom Gedanken Sänger zuriefst, Fühlend in teilnahmloser Zeit: Singe! Voller rauscht sein Saitenspiel, Seit er weiß, daß manchmal Du ihm lauschest. Gern auch möchte des Beglückten Hand Dir ein Weihegeschenk erheben, Schimmernd gefügt, Reingestimmt und lauter, Würdig deines ernsten Sinnes; Sinkt ihm der Mut fast. Statt die festliche Halle Dir empor zum Giebel zu kränzen Und ins verschlungene Laubgewinde Einzuweben dichte Knospen in Fülle, Streut er in Ehrfurcht heute Leicht auf den Pfad dir Wenige Blumen. Selig der Fürst, Dessen Thron die Musen Nah umstehn! 109. Richard Wagners Berufung durch König Ludwig Ii. Von Sebastian Röckl. *) „Womit kann Eurer Majestät ein Herzenswunsch erfüllt werden?" „Ich will Richard Wagner kennen lernen." — Es zeugt von freiem, hochsinnigem Mute und einer wahrhaft königlichen Begabung, daß der so streng erzogene junge Ludwig Ii. mit stolzer Vorurteilslosigkeit eine geniale Persönlichkeit berufen wollte, die in seinen Kreisen schon wegen ihrer politischen Vergangenheit schwerlich der schärfsten Beurteilung entgangen war, daß er entschlossen die Bahn seines Vaters und Großvaters verfolgte, die beide den schöpferischen Geistern in Kunst und Wissenschaft überall jene Hochachtung gezeigt hatten, die man damals an manchen anderen deutschen Fürstenhöfen vergeblich suchte, daß er ein feit mehreren Dezennien für Bayern als segensreich bewährtes System im ganzen übernahm und doch wieder eine vollständig neue Richtung in demselben einschlug. Begründet wird die Berufung gewöhnlich mit dem Entzücken, welches der fünfzehnjährige Kronprinz über Wagners „Lohengrin" empfand. Gewiß mußte diese Oper aufs lebhafteste seine Phantasie erregen, nicht weil sie ihm eine neue Welt erschloß, sondern weil sie in derjenigen spielte, welche ihm von seinem Lieblingsaufenthalt Hohenschwangau innig vertraut und damals seine Welt war. Leopold von Ranke äußerte sich 1868 einmal, er habe erfahren, daß gerade das Wort „Zukunft" Ludwig für die Wagnersche Musik gewonnen hat. Der phantafievolle Jüngling, der feinen Ideenflug oft durch ein nüchternes Wort feiner Umgebung gehemmt sah, dessen Traum von einem schönen Königtum man nicht selten die rauhe Wirklichkeit gegenüberstellte, fand seine *) König Ludwig Ii. und Richard Wagner 1864/65, S. 1 ff. München 1903, Oskar Beck.
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