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1. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 525

1906 - München : Oldenbourg
109. Richard Wagners Berufung durch König Ludwig Ii. 525 wünschenswerte Welt, die Vorstellung seiner mehr gesuhlten als begrifflich geordneten Zukunft vor allem in den Tönen der Musik zum Ausdruck gebracht. Als er nun einmal anläßlich eines Besuches bei den Prinzessinnen Max von demselben Meister, dessen „Lohengrin" und „Tannhäuser" auf ihn einen so tiefen Eindruck gemacht, die Schriften „Das Kunstwerk der Zukunft", „Zukunftsmusik" aus dein Klavier liegen sah, da griff er mit brennender Begierde danach, las diese Offenbarungen, studierte mit glühendem Eis er auch die übrigen Bücher Wagners und erkannte in jenen Schriften das Evangelium der Zukunst der Kunst. Die schmerzliche Frage, die der Meister am Schlüsse des Vorwortes zur Dichtung vom Riug der Nibelungen stellt: „Wird der Fürst sich finden, der die Ausführung meines Bühnenfestspiels ermöglicht?" beantwortet der Jüngling mit dem Ausruf: „Wenn ich einst den Purpur trage, will ich der Welt zeigen, wie hoch ich das Genie Wagners zu stellen wissen werde." Kaum besteigt er den Thron, so rettet er den im äußersten Elend Schmachtenden in elfter Stunde und mit ihm ein wesentliches Stück Unsterblichkeit deutschen Geistes. Wagner hält diese Rettung für ein wundervolles Glück von göttlicher Abkunft; denn enge Beziehungen bestanden zwischen seinem und seines Schirmherrn Leben. „In dem Jahre (1845) der ersten Ausführung meines Tannhäuser," schreibt Wagner an Frau Wille1), „des Werkes, mit dem ich meinen neuen, dornenvollen Weg betrat, in dem Monat (August), in welchem ich zu so übermäßiger Produktivität mich gestimmt fühlte, daß ich den Lohengrin und die Meistersinger zu gleicher Zeit entwarf, gebar eine Mutter mir meinen Schutzengel." (25. August 1845.) „In der Zeit, wo ich in Luzern meinen Tristan beendigte, mich unsäglich mühte die Möglichkeit einer Niederlassung aus deutschem Boden mir zu gewinnen und endlich verzweislungsvoll mich nach Paris wandte um dort in Unternehmungen mich abzumühen, die meiner Natur zuwider waren, damals wohnte der fünfzehnjährige Jüngling zuerst einer Aufführung meines Lohengrin bei, die ihn so tief ergriff, daß er seitdem ans dem Studium meiner Werfe und Schriften feine Selbsterziehung in der Weise bildete, daß er offen eingesteht, ich sei sein Erzieher und Lehrer gewesen. Er verfolgt meinen Lebenslauf und meine Nöten, meine Pariser Widerwärtigkeiten und nährt nun den einzigen Wunsch die Macht zu gewinnen mir seine höchste Liebe beweisen zu können. Im Anfang März dieses Jahres ward mir das Mißlingen jeden Versuches meiner zerrütteten Lage aufzuhelfen klar: allem dem, was so abscheulich unwürdig eintraf, sah ich offen und hilflos verzweifelnd entgegen. Da — ganz unerwartet — stirbt der König von Bayern und mein mitleidvoller Schutzengel besteigt den Thron. Vier Wochen nachher ist bereits seine erste Sorge *) Brief vom 26. Mai 1864.
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