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1. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 557

1906 - München : Oldenbourg
116. Die ersten Siege. 557 Am Fuße des zusammenstürzenden Kirchturmes trafen die einzelnen deutschen Regimenter von verschiedenen Seiten her zusammen. Endlich war der letzte Widerstand in Fröschweiler. gebrochen. Die Schlacht war damit endgültig entschieden. Der Feind warf sich auf die Rückzugsstraßen. Mac Mahon selbst, der von dem mißlungenen Angriff seiner Reiterei unverwundet zurückgekommen war, leitete den Rückzug. „Den Degen" — so schilderte ihn ein französischer Bericht in diesem Augenblick — „hatte er an der Klinge gefaßt und schwang ihn wie eine Keule. Unablässig bearbeitete er mit den Sporen sein großes, schaumbedecktes, schwarzes Pferd, das dritte Pferd an diesem Tage. Sein Rock hing in Fetzen, seine Krawatte war fort, das offene Hemd ließ die nackte Brnft sehen. Er aber zündete sich eine Zigarre an und gab kaltblütig die Rückzugsbefehle." Doch was halfen Befehle, wo schon alle Ordnung aufgelöst war! Schou längst hatte die sinnlose Angst alle Truppenteile erfaßt und trieb sie dahin, wo nur ein Ausweg zur Rettung noch zu entdecken war. Der Reiterangriff hatte wenigstens einem Teile der französischen Armee Luft gemacht und ihm Zeit und Gelegenheit zum Entweichen verschafft; diese Gelegenheit wurde auch allerseits so schnell wie möglich benutzt. In wilder Flucht zogen sich die fran-zösischen Regimenter, die trotz äußerster Tapferkeit keinen Erfolg hatten erringen können, zurück, Geschütze, Fahnen und zahlreiche Gefangene in den Händen der Sieger zurücklassend. Die Straße nach Hagenau bedeckte sich mit Flüchtlingen: es war ein schauderhaftes Durcheinander unter dem nachgesendeten Geschützfeuer der Deutschen, das sich von Minute zu Minute zu verdoppeln schien. Als der Abend einbrach, wurde die Unordnung in der Dunkelheit noch entsetzlicher, Geschrei, Geheul, Flüche, ein höllisches Wettrennen nach der Eisenbahn zu der Station Brumath. Hier galoppierten ledige Pferde, den Sattel unterm Bauche schleppend, zum Stadttore vou Hagenau herein; dann folgte ein Kürassier auf blut- und schaumbedecktem Pferde, ohne Küraß, ohne Waffen: dann ein Kanonier auf ungesatteltem Pferde — auf allen Gesichtern lag unaussprechliche Angst. Dann kamen ganze Schwärme von Reitern; oft saßen zwei Znaven auf einem Pferde. Andere schwangen ihre Säbel und hieben wie wahnsinnig auf die armen Pferde ein; wieder andere warfen den Helm, den wuchtigen Säbel und den schwerfälligen Panzer von sich um schneller vorwärts zu kommen. Nun mischte sich auch Fußvolk unter die Reiter; die militärische Ordnung war vollständig gebrochen. Das waren keine Soldaten mehr, die da vorbeirasten; das waren arme, furchtsame Kinder geworden, einzig und allein auf die Sicherung ihrer schon mehr oder weniger schadhaften Haut bedacht. Immer größer ward der Lärm; unter die Haufen der Kürassiere mischten sich Ulanen und Husaren; alles drängte sich durch die Straße; ledige Pferde liefen, als wären sie von gleicher Furcht getrieben, an allen Orten mit dem Schwarme; Zugpferde mit abgeschnittenen Zugsträugen, von Fußsoldaten oder Kanonieren geritten. Wie
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