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1. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 572

1906 - München : Oldenbourg
.572 118. Die Schlacht bei Sedan. Momente markierend. Die Schauer des Leichenfeldes machten einen tiefen Eindruck auf unsere Leute. Gegen 6 Uhr, nach 14stündigem, hartem Ringen, verstummte das tobende Feuer auf allen Punkten des blutgetränkten Schlachtfeldes. Die französische Armee war eingeschlossen und von allen Seiten her in die Festung zurückgeworfen worden; durch unsere Reihen verbreitete sich die frohe Kunde, daß auf den Wällen von Sedan die weiße Flagge wehe. Um 7 Uhr erhielten wir den Befehl auf die Biwakplätze am Bahnhöfe zurückzukehren. Mit Einbruch der Dämmerung erreichten wir sie. Nun machte der knurrende Magen feine Ansprüche geltend. Auf dem Bahnhöfe stand ein langer Proviantzng der Franzosen, die Wagen gefüllt mit Rauch-fleifch, Speck, Zwieback, Kaffee und Zucker. Rasch wurde ausgeteilt, noch rascher nahm jeder einige Bissen zu sich, die Pferde fütterten wir mit dem letzten Stück Brot und mit Zucker aus der Beute, denn Furage war nicht vorhanden. Dann sank ein jeder auf der Scholle nieder, wo er stand, und streckte sich zum Schlafe. Zwei Nächte hintereinander hatten wir auf Vorposten gewacht, drei Tage hintereinander hatten wir geschlagen, jetzt forderte die Natur ihre Rechte, der Schlummer senkte sich auf die bleischweren Lider. Wir wußten, daß wir einen großen, herrlichen Sieg errungen hatten, aber die Größe des Erfolges erfuhren wir erst am folgenden Tage. Der Morgen des 2. September brach hell herein, er sollte nach drei Tagen blutiger Kämpfe der erste friedliche Tag sein. Aber Ruhe fanden wir wenig. Bon Tagesbeginn an marschierten preußische Truppen an unserem Freilager vorbei, sendeten den tapfern Bayern brausende Hurrarufe zu und empfingen ebenso begeisterte Antwort; dann kamen lange Züge von französischen Gefangenen, die gestern auf freiern Felde die Waffen gestreckt hatten. Sachsen eskortierten sie nach rückwärts, sie mochten beiläufig 6000 Mann zählen. Später rief uns traurige Pflicht; es begannen die Bestattungen der Gefallenen und der während der Nacht auf den Verbandplätzen und in den Aufnahrns-Feldspitälern ihren Wunden Erlegenen, voran der Offiziere; an geeigneten Stellen in den Feldern, an den Gartenhecken oder unter den Wipfeln uralter Bäume fanden die Braven ihre letzte Ruhestätte. Die Musikkapellen an der Spitze schritten die langen Züge heran, Bahre hinter Bahre, und immer neue Bahren schlossen sich aus dem Parke des uns gegenüberliegenden Schlosses an; der Mantel verhüllte mitleidig die vom Todeskampf verzerrten oder von den Kugeln entstellten Gesichter; gar mancher mir persönlich liebe Kamerad war unter ihnen. Rührend war es zu schauen, wie die Anhänglichkeit und treue Liebe der Untergebenen die Bahren gar mancher Offiziere mit Blumen geschmückt, die letzten blühenden Rosen ans den vom Blute der Streiter getränkten Gärten über das letzte Lager gestreut hatte. Und selten wohl ist der ergreifende Trauermarsch Beethovens so zu Herzen gedrungen wie damals den Leidtragenden. — Aber der Soldat darf sich nicht grämen! Schlaft
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