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1. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 633

1906 - München : Oldenbourg
140. Bayreuth. 633 lerischen Pläne und Bestrebungen gemacht und damit das erst geschaffen hat, woran heute zunächst ein jeder denkt, wenn er den Namen Bayreuth ans-sprecheu hört. Als Richard Wagner in jenen Tagen allgemeinen nationalen Aufschwungs, die unmittelbar auf deu französischen Krieg und die Begründung des neuen Deutschen Reiches folgten, seinen Freunden und Anhängern bekanntgab, daß er nunmehr daran gehen wolle seine lange gehegte Absicht der Errichtung eines „Deutschen Nationaltheaters", einer zunächst für die möglichst vollkommene und stilgemäße Ausführung seiner eigenen Werke bestimmten Opernbühne, der Verwirklichung entgegenzuführen und daß er Bayreuth wie zu seinem dauernden Wohnort so auch zu seiner künftigen Festspielstadt ausersehen habe, da konnten sich die Fernerstehenden nicht genug verwundern und zwar nicht nur über die wahnwitzige Kühnheit des Planes selbst sondern vor allem auch über die ersichtlicherweise so unpraktische Wahl des Ortes. Wenn ein Künstler wie Wagner, der damals zwar schon viele opfermutige Gönner und Verehrer, aber immerhin doch unendlich viel mehr Gegner und Widersacher als Freunde seiner Kunst besaß, wenn ein solcher Mann sich einer-ganz ungewohnten und außergewöhnlichen Sache unterfing, der nur die tatkräftigste Teilnahme der ganzen Nation Erfolg und Gedeihen gewährleisten zu können schien, so hätte er, meinte man, allen Grund gehabt diese Teilnahme dem deutschen Volke nach Kräften zu erleichtern, anstatt sie zu erschweren, ja, wie fast allgemein geglaubt wurde, unmöglich zu machen dnrch die Bevorzugung eines kleinen, abgelegenen Städtchens, das nur schwer zu erreichen und dazu kaum in der Lage zu sein schien die Massen von Festgästen, ans die man doch rechnen mußte, auch nur entsprechend zu beherbergen. Wollte Wagner sein Festspielhaus durchaus nicht in einer der größeren, vom allgemeinen Weltverkehr durchbrausten Hauptstädte Deutschlands errichten, so mochte doch zum mindesten die Wahl eines auch ohnedies gern und viel besuchten Ortes, etwa eines Bade- oder Fremdenplatzes von internationalem Rufe, weit praktischer dünken und man begreift die Einladung, die der Stadtrat von Baden-Baden im November 1871 an den Meister ergehen ließ, dieser möchte sein geplantes Theater doch lieber dort am Abhang der Schwarzwaldberge erbauen, ein Umstimmungsversuch, der in ähnlicher Weise unter andern auch von Darmftadt, Berlin, London, ja sogar von Chicago aus erfolgte. Für Wagner konnte all das nicht in Frage kommen. Der Festfpiel-gedanke hatte sich bei ihm festgesetzt und entwickelt in ausgesprochener Opposition zu der Art des Kunstbetriebs, die er während seiner ganzen, vielbewegten Künstlerlaufbahn an den stehenden deutschen Opernbühnen kennen gelernt hatte. Er war überzeugt davou, daß das stärkste Hindernis für die Erreichung dessen, was er sich als Ziel seines Lebens gesteckt hatte, in dem feiner Ansicht nach unkünstlerischen Wesen dieser Theater begründet liege.
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