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1. Das Mittelalter - S. 93

1893 - Leipzig : Dürr
— 93 — vom Staate abhängig würde. Unter „Simonie"*) verstand man die Abgabe, welche ein Bischof oder Abt bei seinem Eintritte in das Amt an seinen weltlichen Oberherrn zu entrichten hatte. Es war ursprünglich eine Steuer, in der niemand etwas Schlimmes sah und die einen wesentlichen Teil der königlichen Einkünfte ausmachte. Daß sich dabei nicht selten Mißbrauch einschlich, ist ohne Zweifel, ja es kam wohl vor, daß von geistlichen und weltlichen Fürsten bei der Besetzung einflußreicher und einträglicher Stellen ein schmählicher Handel getrieben wurde. Aber nicht diese Mißbräuche hatte Gregor Vii. im Auge, sondern die Abgabe überhaupt, er wollte, daß die geistlichen Ämter, die hohen wie die niederen, nur vom päpstlichen Stuhle abhängig seien, von niemand anders. Eng damit verbunden war die Investitur, das ist die Belehnung der Bischöfe mit Ring und Stab. Sie stand bisher dem Könige zu und war ein Hauptteil seiner Oberaufsicht über die Kirche. Indem Gregor auch dieses Recht in Anspruch nahm, zeigte er, in welchem Umfange er sein Ideal verwirklichen wollte. Die Kirche sollte aushören, Staatskirche zu sein. Daß er mit diesen rücksichtslosen Forderungen auf Widerspruch stoßen mußte, war natürlich. Die deutschen Bischöfe wandten sich größtenteils entrüstet von seinen Reformbestrebungen ab, die wenigen, welche es versuchten, den Eölibat der Geistlichen in ihren Diözesen durchzuführen, machten sich bei Laien und Priestern verhaßt; in Oberitalien erhob sich ein förmlicher Kampf der Pfarrer um ihre Familien. Aber Gregor schreckte vor keinem Mittel zurück, und das ist das Bedenklichste bei seinem Verfahren. Er verbot den Laien, bei verheirateten Geistlichen zur Beichte zu gehen, ja er hetzte den Pöbel gegen unschuldige Frauen und Kinder aus. Entsetzlicher Jammer wurde dadurch über Oberitalien und Süddeutschland gebracht, die Pfarrer mußten die Ihrigen verstoßen oder mit ihnen ins Elend wandern, wenn sie nicht von rohen Volkshaufen gemißhandelt fein wollten. Dem König gegenüber zeigte sich Gregor anfangs nachgiebig und versöhnlich, aber als Heinrich von den Forderungen des Papstes und den römischen Synoden gar keine Notiz nahm, drohte er mit dem Banne, und nun kam es zwischen den beiden gleichharten Kopsen zu einem ernsten Zusammenstoß. König Heinrich antwortete damit, daß er auf einem Konzil zu Worms, das von 26 deutschen Bifchöfeit besucht wurde, Gregor Vii. feierlich abfetzte. Da er aber das Ab-fetzungsfchreiben nicht an der Spitze eines mächtigen Heeres selbst über- *) Eine Handlungsweise gleich der des Zauberers Simon, der den Aposteln die Gabe des heiligen Geistes absaufen wollte.
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