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1. Geschichte - S. 93

1913 - Berlin : Oehmigke
— 93 — Ahnungslos folgte der Wächter seinem Wunsche. In dem Augenblick, als er begann, sich mit dem Pferde zu beschäftigen, stieß ihn plötzlich Schnipperling heimtückisch in den tiefen, sumpfigen Brückengraben und gab zugleich durch einen Schuß das Signal zum Hervorbrechen. In scharfem Trabe jagte nun der ganze Trupp über die lange Holzbrücke in die Stadt hinein. Die Sonne mochte wohl kaum aufgegangen sein, als der Wächter vom Turm des Domes durch Trompetenstöße die hereinbrechende Gefahr verkündete. Erschrocken griffen die Bürger zu den Waffen; doch nach kurzer Gegenwehr gab man den Aufruhrern auf die Versicherung, der Angriff gelte nur dem Bischof und nicht der Stadt, freien Weg zum Schlosse. Aber durch den Lärm gewarnt, hatte der Bischof bereits in der Verkleidung eines Dieners eiligst die Flucht zu dem Berliner Tore hinaus genommen. Anfangs hatte der edle Minkwitz seiner Rotte alles Morden und Brennen streng untersagt. Jetzt aber gab er selbst Befehl, nichts mehr zu schonen. Schloß, Domkirche und Rathaus, die Wohnungen der Domherrn und sämtlicher Bürger wurden geplündert und verwüstet. Seine Rache schien keine Grenzen mehr zu achten. Nur zwei Häuser in der Stadt blieben verschont. Der eine Besitzer hatte klugerweise ein weißes Laken aufgehängt, als wenn ein Toter sich im Hause befände; der andere, ein Brauer, der soeben frisch gebraut hatte, stieg mit der siedenden Würze aufs Dach und schüttete jedem, der es wagte, sich dem Hause zu nähern, den brodelnden Gerstensaft aufs Haupt. Emsig suchten die wackeren Kämpen vor allem nach dem Kirchenschatze. Minkwitz war in richtiger Voraussetzung geraden Weges in die Sakristei gestürmt, wo er bestimmt hoffte, die gefüllte Truhe zu finden. Er ließ Wände und Dielen aufreißen, nichts war zu sehen. Mit einem bösen Fluche verließ er das Gotteshaus. Wut und Habsucht hatten ihn blind gemocht. Beim Eintritt war durch die Wucht des Faustschlages die Tür der Sakristei au die Wand geflogen, an der offen und frei der wohlgefüllte Kasten stand. Nachdem die Räuber noch des Bischofs Bruder, Matthias von Blumenthal, sowie die übrigen adligen Hofbedienten als Gefangene mit fortgeschleppt hatten, verließ die Rotte die trauernde Stadt. Die Erbitterung der Bürger war unbeschreiblich. Als der letzte feindliche Reiter, der sich etwas verspätet hatte, zum Tore hinausreiten wollte, fielen sie über ihn her und erschlugen ihn.
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