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1. Deutsche Geschichte mit entsprechender Berücksichtigung der sächsischen - S. 66

1880 - Halle : Anton
66 die Zunge ihm herausgerissen und er selbst mit dreifachem Stricke sieben Fuß höher als andre Uebelthäter aufgehängt werden. 2. Wenn jemand bei der heiligen Ferne angeklagt war, so wurde er durch einen Bries mit sieben Siegeln zur Verantwortung vorgeladen. Einer der Freischöffen heftete oder steckte diesen Brief des Nachts an das Thor des Hauses, in welchem der Beschuldigte wohnte (— daher unser Ausdruck „Steckbrief" —), schlug dann dreimal an dasselbe, daß der furchtbare Klang durch die Stille der Nacht in das Ohr des Verbrechers drang, und schnitt aus der Thür drei Spänchen, welche er zum Zeugniß, daß er seinen Austrag vollbracht, mit sich nahm. An einem bestimmten Tage mußte sich der also Geladene an einem ihm bezeichneten Orte einfinden. Hier erwartete ihn ein Abgeordneter der Feme, verband ihm die Augen und führte ihn nach dem Orte jdes Gerichts. Dasselbe wurde unter freiem Himmel, aus einem Berge oder Hügel, unter einer Eiche oder Linde, und zwar meist des Nachts, abgehalten; nur Wissende durften dabei zugegen sein, darum nannte man es auch das heimliche Gericht. Auf seinem Stuhle saß der Freigraf, umgeben von den vermummten Schöffen; vor ihm lag aus einem Tische ein blankes Schwert, bei dem Kläger und Angeklagter schwören mußten, und ein aus Weidenruthen geflochtener Strick zum Zeichen des Rechtes über Leben und Tod. Jetzt konnte sich der Angeschuldigte gegen die erhobene Anklage vertheidigen; gelang ihm das in befriedigender Weise, so wurde er freigesprochen und eben so geheimnißvoll, als er gekommen war, wieder weggeführt. Gestand er aber fein Verbrechen oder wurde er desselben überführt, so wurde er zum Tode verurtheilt und sogleich, nachdem man ihm noch zu einem kurzen Gebete Zeit gelassen, mit einem Dolche niedergestoßen oder am nächsten Baume aufgeknüpft. — Folgte der Angeklagte der erstmaligen Ladung nicht, so wurde dieselbe noch zweimal wiederholt. Kam er auch das drittemal nicht, so sah man ihn als schuldig an und sprach die Feme, d. H. die Acht über ihn aus. Fortan war er dem Tode geweiht. Einige der Frei-schössen erhielten den Auftrag, das Urtheil an ihm zu vollziehen; wo man ihn ergriff, ward er auch sofort hingerichtet. Zum Zeichen, daß die Feme ihn gerichtet habe, wurde neben den Getödteten ein Messer gesteckt. 3. Z ur Zeit des Faustrechts haben die Femgerichte segensreich gewirkt. Mancher, der fönst der Strafe entgangen sein würde, empfing durch sie gerechten Lohn; ja selbst mächtige Fürsten, die sonst niemand zur Rechenschaft gezogen hätte, wurden vor den Stuhl der Freigrafen gefordert. Später aber arteten die Freigerichte aus. Schlechte Menschen drängten sich in dieselben ein und stürzten aus Neid, Rachsucht oder Bosheit Unschuldige durch falsche Anklagen in's Verderben. Allgemein wünschte man darum die Aufhebung dieser Gerichte; doch erhielten sie bis sich zum Ende des 15. Jahrhunderts; als um jene Zeit größere Ordnung und Gesetzlichkeit in Deutschland einkehrte, wurden sie überflüssig und verschwanden allmählich.
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