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1. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 23

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Erlebnisse eines Königlichen Försters des Kreises Wehlau in russischer Gefangenschaft. 23 an meiner Försterei vorbei. Ich sah ein leeres Pferd — der Offizier fehlte. Bald kamen nun größere Kavallerieabteilungen angerückt und zogen nach der Ringlacker Gegend, ohne sich um mich zu kümmern. Nachmittags vier Uhr erschien wieder eine Offizierpatrouille auf meinem Gehöft und nahm den noch vorhandenen Hafer und zwei Seiten Speck. Ich wurde nach nichts gefragt. Um sieben Uhr sah ich zwei lange Leiterwagen auf die Försterei zukommen. Auf jedem Wagen saßen ein Offizier und 20 russische Soldaten mit aufgepflanztem Seitengewehr. Ich trat aus dem Hause. Sofort wurde ich gepackt und auf den Wagen geworfen. Meine Fragen nach dem Grunde dieser Behandlung wurden nicht beantwortet. Haus und Hof mußte ich offen lassen und fort ging's längs der Forstgrenze bis in die Nähe des Dorfes Skaticken. Hier zeigte sich eine deutsche Patrouille. Die Russen schwärmten aus, und es wurden mehrere Schüsse gewechselt. Ich mußte auf dem Wagen liegen bleiben, bewacht von drei Russen mit aufgepflanzten, geladenen Gewehren. Mit Eintritt der Dunkelheit hörten die Einzelschüsse auf. Die Russen begannen nun unter schrillen Pfiffen am Waldessäume den am Morgen erschossenen Offizier zu suchen, ohne Erfolg. Nun setzten sie sich wieder auf die Wagen und fuhren mit mir über Pareyken und Wachlacken nach Groß Aßlacken. Hier mußte ich mich neben den Offizier setzen und wurde gezwungen, die Steinchaussee entlang über Groß Schirrau und Gut Plompen nach Weidlacken zu fahren. Hier langten wir um Mitternacht an, es war stockfinster. Ich wurde auf ein Gehöft zu einem General geführt. Dieser schlief aber schon. Darum ging es zurück ins russische Lager vor dem Dorfe, wo ich unter strenger Bewachung bis zum Morgen blieb. Welche Gedanken mich da quälten, vermag ich nicht zu schildern. Von den Russen konnte niemand deutsch sprechen. Aber alle Anzeichen deuteten darauf hin, daß ich erschossen werden sollte. Am Morgen wurde ich vor den General geführt, einen griesgrämigen Herrn. Ich erzählte von meinem Zusammentreffen mit der ersten Offizierspatrouille und bewies ihm, daß ich an den weiteren Begebenheiten unschuldig sei. Er antwortete nichts darauf, sondern sprach nur einige Worte auf russisch zu dem Offizier, der mich vorgeführt hatte. Nun wußte ich, was mich erwartete. Ich wurde wieder durch das Dorf Weidlacken gebracht. Die dort zurückgebliebenen Einwohner, die mich ja alle kannten, falteten die Hände und baten um Gnade für mich. Sie erhielten keine Antwort. Da winkten sie mir stumm zu, es war ein Abschiedsgruß; sie wußten es schon, daß dies mein letzter Gang war. Auf einer Anhöhe in der Nähe des vor dem Dorfe gelegenen Friedhofes mußte ich niederknieen, hinter mir gruben einige Russen mein Grab. Etwa zehn Schritte vor mir standen drei Soldaten und luden ihre Gewehre. Feigheit hat mir bisher niemand vorwerfen können, aber nun brach mir doch der kalte Todesschweiß aus. Der Gedanke an mein fernes Weib und verlassenes Kind ließ mein Herz in tiefem Weh erzittern. Einzelne Bilder aus meinem Leben tauchten mit merkwürdiger Klarheit vor mir auf. In kurzem
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