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1. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 24

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
24 Erlebnisse eines Königlichen Försters des Kreises Wehlau in russischer Gefangenschaft. andächtigem Gebet befahl ich meine Seele Gott. Ich zeigte den Soldaten, sie möchten auf die Brust und nicht nach meinem Kopf zielm; denn meine liebe Frau sollte mich nicht so entstellt finden. Da sprengte ein anderer General heran und fragte: „Herr Förster, was haben Sie denn getan?" Nun bemühte ich mich, meiner Stimme Festigkeit zu geben und erzählte noch einmal die Begebnisse des vergangenen Tages. Ich schloß mit den Worten: „Herr General, als Königlicher Förster fürchte ich mich nicht vor dem Tode; aber bevor ich denselben erleide, möchte ich bitten, mir zu sagen, weshalb ich eigentlich erschossen werden soll." Der General befahl mir, aufzustehen. Er sprach dann russisch zu seiner Umgebung — mein Grab wurde zugescharrt. Nun stand ich wieder im russischen Lager, bewacht von vier Soldaten mit geladenen Gewehren. Vorläufig war ich wohl dem Tode entronnen. Aber auf wie lange! Ich fragte hin und her, was nun mit mir geschehen werde. Da zeigten einige durch Gebärden, daß ich gehenkt werden solle. Schöner Trost! Ich stand nun in banger Erwartung von sieben Uhr morgens da und betrachtete das Lagerleben. Da wurden soeben Strafen mit der Knute vollzogen. Stand mir solches auch bevor? Friedlich weidendes Vieh wurde aufgegriffen und geschlachtet, das Fleisch in die Kessel geworfen. Mittags wurde mir auch etwas davon angeboten; aber dem Kessel entströmte ein so furchtbarer Geruch, daß es mir trotz meines Hungers unmöglich war, etwas zu genießen.. Immer größere Truppenmassen verschiedener Gattungen kamen durch das Dorf und zogen in der Richtung nach Labiau weiter. Abends wurde ich zu einer Munitionskolonne gebracht, die mich unter starker Bewachung über Groß Baum nach Berschgirren führte. In voller Dunkelheit kamen wir dort an. Stets hörte ich das Wort Spion. Unter Kolbenstoßen und Schlägen wurde ich vom Wagen gerissen und in ein Haus geführt, wo ich von drei Generälen und ihren Adjutanten empfangen wurde. Vor ihnen mußte ich nun wieder die Ereignisse des 25. August schildern. Nach nicht langer Beratung in russischer Sprache erklärte mir ein höherer Offizier, daß ich morgen früh nach meiner Försterei gehen dürfe. Wie leicht wurde es mir da ums Herz! Aber meine Freude sollte nur von kurzer Dauer sein. Alle Herren sprachen gut deutsch. Ich durfte mich zu ihnen setzen; sie gaben mir Wurst und Brot, auch einen Kognak, natürlich geraubte Sachen. Sie unterhielten sich mit mir über forstliche Einrichtungen und Arbeiten, wirklich ganz fachmännisch. Dann erzählten sie mir, daß alle Ostpreußen nun russische Untertanen seien; die Forstbeamten werden nach dem Kaukasus gesandt. Labiau sei heute gefallen, morgen werde Tapiau eingenommen, in zwei Tagen Königsberg, und dann ginge es nach Berlin. Meinen Zweifeln wagte ich natürlich nicht Ausdruck zu geben. Zur Nacht wurde mir ein Strohlager im Nebenzimmer angewiesen, bewacht von einem Posten. Am nächsten Morgen kümmerte sich keiner der Offiziere um mich, auf meine Fragen gaben sie mir auch keine Antwort. Ihre Freundlichkeit am
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