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1. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 65

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Brief eines jungen Ostpreußen an seinen Freund über die Rückkehr von der Flucht. 65 „Wein' nicht, mein Tochterchen, nicht weinen! Was muß, das muß! Zuhaus ist doch zuhaus! Der liebe Gott wird uns schon wieder helfen und unser Kaiser!" Durchs offne Fenster scheint die goldne Sonne; stahlblau der Himmel, würz'ger Erdgeruch. Vom Rand der Heide grüßt die Erika, und leise spielt der Wind mit Herbstzeitlosen am Gartenzaun. Da zieht die Heimatfreude in das Herz der Armen, und mit weicher Hand scheucht sie den Schmerz und läßt die Hoffnung ein. Liebkosend nimmt die Frau den Erstgebornen: „Komm, Fritz, wir geh'n zusammen auf das Feld und wollen seh'n, ob noch ein paar Kartoffeln der Russ' uns dort gelassen hat." Heim sind sie wieder — auf der eig'nen Scholle! Und weiter wollten sie ja nichts als heim. ^ „ 39. Brief eines jungen Ostpreußen an seinen Freund über die Rückkehr von der Flucht. G., den 2. Oktober 1914. Mein lieber Gustav! Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie schauderhaft die Russen in Ostpreußen gehaust haben. Als wir wieder in unsern Ort — ich war an dem Tage gerade 16 Jahre alt — zurückkehrten, fanden wir ein Bild, das man nur sehen, aber nicht beschreiben kann. Denke Dir eine kühle, klare Mondscheinnacht: wir sehen vor uns einen einzigen Trümmerhaufen, Ruinen, aus deren Fensterhöhlen das Grauen blickt, Schutthaufen, die das versperren, was man früher Straße nannte, angekohlte oder verbrannte Balken, rauchende Trümmer. Im Nachtwinde flattern gleich Schmetterlingen Federn durch die Luft, denn die Russen hatten die vom Brande verschont gebliebenen Federbetten zerschnitten. Ein Hahn kräht in die gespenstige Mondnacht, ein Hund kläfft aus einer Ruine, eine Katze drückt sich um unsere Füße. Schachmatt lassen wir uns auf dem Gitter eines herabgestürzten Balkons nieder und verteilen ein paar trockene Semmeln, denn wir sind hungrig. Zu unsern Füßen liegt ein Wirrwarr von Gerätschaften: Bänke,. Stühle, Kommobenfächer, Fensterscheiben, Matratzen, Bilber und Scherben. Ich kann das Kaiserbilb, dem die Augen ausgestochen sinb, nicht länger ansehen und breite eine banebenliegenbe Wattbecke darüber. Nachdem wir ausgeruht hatten, machten wir uns daran, das Haus zu finden, in dem wir wohnten. Wir stiegen über Schutt, Möbel und Steine und
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