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1. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 141

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Die Ltadt Libau. 63 Schulen und sogar eine deutsche Stadtverwaltung. Neben den Letten haben sich mit dem Wachsen des auswärtigen Handels Libaus eine Reihe anderer Völkerschaften in der Stadt niedergelassen, so besonders Russen, Polen, Juden und L:.auer, so daß man dort ähnlich wie in anderen großen Hafenstädten der Welt einem auffallenden Sprachengewirr begegnet, in das sich auch skandinavische (schwedische und norwegische) und englische Laute mischen. Libau ist aber auch eine sehr beliebte Seebadestadt mit trefflichen Badeeinrichtungen und einem schönen, am Meer gelegenen Kurhaus. Im Sommer begegnet man hier vielen deutsch-baltischen Familien, die Erholung suchen. Nun sind unsere Feldgrauen in Libau eingerückt und werden hoffentlich auch recht lange darin bleiben. Auf kurze Zeit waren schon einmal preußische Krieger in dieser kurländischen Seehandelsstadt einquartiert. Das war im Sommer des Jahres 1812, als Preußen dem Kaiser der Franzosen, Napoleon, bei seinem Kriege gegen.rußland Gefolgschaft leisten mußte. Das preußische Hilfskorps, das unter dem Befehl des Generals von ^orcf stand, bildete den linken Flügel der großen französischen Armee und hatte die Aufgabe, gegen Mitall lind Riga vorzurücken. Eine kleine Abteilung desselben marschierte von Memel aus über Polangen nach Libau. Ein Leutnant von den Füsilieren hat sich damals über diesen Zug nach Libau und weiter nach Mitau und bis zur Düna Aufzeichnungen in seinem Tagebuch gemacht, die viel Merkenswertes enthalten. Das Stadtbild Libaus hat sich seit den Tagen des ersten Preußen-Einzugs sehr verändert. Die niedrigen Holzhäuser sind meist durch größere Steinbauten verdrängt. Nahe der lutherischen Kirche ist jüngst der stattliche Neubau eines deutschen Theaters entstanden. Mehrere russische Kirchen, die mit ihren bunten zwiebelförmigen Kuppeln wenig zu dem deutsch-protestantischen Charakter der baltischen Hafenstadt passen, sind in den letzten Jahrzehnten, in denen die Russifizierung des Baltenlandes*) von der Regierung mit Hochdruck betrieben wurde, mit viel Kosten gebaut worden. *) Russifizierung des Baltenlandes (der Ostseeprovinzen). Rußland wandte lief) mit einer Reihe von harten Verwaltungsmaßregeln gegen die Lebenswurzeln des Deutschtums in den Ostseeprovinzen: die evangelisch-lutherische Kirche, die deutsche Schule und die deutsche Selbstverwaltung in Stadt und Land. So wurde n. a. die m|tische Unterrichtssprache und Gemeindeordnung eingeführt, dem deutschen Adel und den Geistlichen die Verwaltung der Volksschule genommen und in die Hände von russischen Beamten und Lehrern gelegt. Die deutsche Stadt Dorpat in Livland erhielt den Namen Iurjew, die dortige deutsche Universität wurde in eine russische Hochschule niedrigsten Ranges umgewandelt. Im Jahre 1890 waren in Dorpat unter 1812 Studierenden 1111 Deutsch: brüten, im Jahre 1904 kamen auf 1898 deren nur 498! — Das Russifizierungssystem führte zu einer Entfremdung zwischen Deutschen und Eingeborenen und zu einer Verhetzung und Verbildung der letzteren und war mit die Ursache zu der baltischen Revolution im jähre 1905, die lieh in erster Reihe gegen das Deutschtum wandte. Binnen drei Monaten gingen 243 deutsche Güter in Flammen auf, unsägliches Elend kam über das Land. — Nachdem die Revolution durch die Russen niedergeworfen worden war, gestattete der Aar den baltischen Deutsche«, beim Unterricht ihre Muttersprache zu gebrauchen. Nun
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