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1. Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 98

1905 - Leipzig : Voigtländer
' Bä — 98 — zogin von Orleans. Sie war die Enkelin des unglücklichen Winterkönigs Friedrich V. von der Pfalz. In ihrer Jugend war sie viel und fröhlich in der Umgebung der schönen Stadt Heidelberg umhergestreift und kannte alle Wege und Stege. „Da kommt die Lise Lotte," sagten die Leute, die sie alle gern hatten. Denn lustig sprach sie mit jedermann, und die steifen Hofdamen waren oft ganz entsetzt, wenn sie mit derben Redensarten herausfuhr, die sie von geringen Leuten gehört hatte. Lise Lotte wäre am allerliebsten in Heidelberg geblieben. Aber ihr Vater hielt es seinem Lande für nützlich, daß sie den Bruder des mächtigen Königs Ludwig heiratete, den Prinzen von Orleans. Die arme Prinzessin mußte gehorchen und kam nun an den glänzenden Hof in Versailles. Aber sie ließ sich nicht betören und blieb eine deutsche Frau, die ihre alte Heimat lieb behielt. Da spotteten wohl die französischen Höflinge über die Pfälzerin, die gar nicht so fein tat, wie die andern Damen am Hofe, und die ihre Meinung derb heraus sagte. Aber sie meinte: „Ich halte es für ein großes Lob, wenn man sagt, daß ich ein deutsches Herz habe und mein Vaterland liebe; dies Lob werde ich, so Gott will, suchen, bis an mein Ende zu hetyaltm." 4. Die Verwüstung der pfal). Der größte Schmerz der edeln Elisabeth Charlotte war, daß sie umsonst ihr Lebensglück dem vermeintlichen Besten ihres Landes geopfert hatte, ja daß gerade ihre Heirat der Anlaß zu dessen Unglück wurde. Als sie sich mit dem Prinzen von Orleans vermählte, hatte sie ausdrücklich auf alle Ansprüche an das pfälzische Land verzichtet. Als dessen Herrscherhaus aber ausstarb, verlangte Ludwig Xiv. einen Teil der Nheinpfalz als ihr Erbteil für Frankreich und besetzte das Land mit einem Heere. Dagegen wehrte sich der deutsche Kaiser im Bunde mit Spanien, Holland und England. Gegen so viel Feinde konnten die Franzosen die Pfalz nicht behaupten, und da ließen sie das schone Land verwüsten. Mordend und brennend durchzog das französische Heer unter Führung der Generale T u r e n n e und M e l a c die Pfalz (1688). Die Stadt Heidelberg mit ihrem herrlichen Schlosse wurde in einen Trümmerhaufen verwandelt; dasselbe Schicksal hatten Mannheim, Speyer und Worms. Die entsetzlichsten Greuel wurden von den zuchtlosen Mordbrennern verübt. Selbst die Ruhestätten der Toten waren vor ihnen nicht sicher; die Gräber der alten deutschen Kaiser im Dome zu Speyer wurden erbrochen, die silbernen Särge geraubt, die Gebeine unter Hohnlachen umhergeworfen. Elisabeth Charlotte weinte blutige Tränen über diese furchtbare Grausamkeit gegen ihr Heimatland. Noch jetzt erinnern dort die Triim*
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