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1. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 61

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
König Agiluls und Gregor der Große. 61 weder der Exarch noch die kaiserlichen Beamten in den noch römischen Provinzen und Städten zu beherrschen vermochten. Bei Verhandlungen führte er die vermittelnde, oft entscheidende Stimme, und sein Ansehen wußte er in Konstantinopel und Ravenna wie in Pavia zu wahren. Während er so als eine selbständige Macht tn Feindeslande wirkte, sorgte er für die kirchliche Ordnung im Innern bis ins Kleinste und erfüllte die Pflichten seines Priesterberufs mit rührender Treue. Jede Klage eines Kolonen, und wenn sie noch so weit her kam, berücksichtigte er, niemals einen Vorteil, stets nur die Gerechtigkeit vor Augen. Er übte — wie gegen sich selber — gegen alle Unterbeamten die größte Strenge; er gab jedes Gut, das der Kirche nicht ganz rechtmäßig zugekommen war, freiwillig zurück; er hielt sittenlosen Geistlichen gegenüber die Kirchenzucht unnachsichtig aufrecht und ging selber allen in Reinheit des Wandels und einfachster Lebensweise mit dem besten Beispiel voran; er ließ alle Bischofssprengel, Pfarrkirchen und Klöster visitieren; er schrieb Briese an gallische, spanische, afrikanische und orientalische Bischöfe und an einflußreiche Personen des Kaiserhofes; er tröstete jeden, der sich an ihn wendete; er war bis zur Verschwendung freigebig gegen Arme und Hülslose; er schrieb über die wichtigsten Gegenstände der Kirchenlehre und Kirchenzucht selbst Bücher, war eifrig und erfolgreich thätig für Verbesserung des Kirchengesangs, ordnete den Gang des Gottesdienstes, erließ eine Reihe tiefgreifender Verordnungen über das Mönchswesen und umfaßte mit seinem Geiste die ganze damalige gebildete Welt. Dabei erwies sich der außerordentliche Mann mit seiner allumfassenden Bildung, seinen rechtswissenschaftlichen Kenntnissen und seinem scharfen Verstand doch als ein Kind seiner Zeit: er verachtete die Denkmäler des klassischen Altertums und hielt sehr viel von Reliquien, Wundererscheinungen und Totenerweckungen. Aber was will das sagen gegen die ungeheure Geisteskraft eines Mannes, der bei so unermeßlicher Wirksamkeit seinem Geist aus freien Stücken neue Felder eröffnete? Es ist früher berichtet worden *) wie er, da er noch Stadtpräfekt war, auf dem Markte zu Rom unter andern Sklaven einige Knaben aus dem Lande der Angelsachsen erblickte, mit zartweißer Hautfarbe, goldigen Locken und lieblichen Kindergesichtern. „Aus welchem Land sind diese?" fragte er. „Von der Insel Britannien," lautete die Antwort; „dort sehen alle Menschen so aus." „Sind sie denn Christen?" „Nein, dort sind alle noch Heiden." „Ach Gott, wie fraurig, daß Menschen von so lichtem Antlitz dem Herrn der Finsternis gehören, daß unter so lieblicher Stirn ein Geist wohnt, unteilhaft der Gnade! Wie heißt denn das Volk?" „Sie heißen Angeln." „Wahrlich, so führen sie den Namen mit Recht; denn sie haben Angesichter wie *) l. Band, S. 27.
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