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1. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 154

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
154 Die Langobarden bis zum Verlust ihrer Selbständigkeit. Bürgerschaft mußte herbeikommen und dem Sieger den Eid der Treue schwören. Einige sagen, Karl habe dem König Desiderius die Augen ausstechen lassen. Der fromme König blieb auch im Unglück gottergebenen 'Sinnes und ertrug sein schweres Los mit Gelassenheit, bis Gott ihn durch einen sanften Tod aus diesem Jammerthale zu sich rief. Sein Sohn Adelgis aber hatte diesen Duldersinn nicht geerbt. Sein edles Herz brannte vor Ingrimm, und er suchte auf alle Weise dem verhaßten Karl zu schaden. Zu der Zeit, als dieser bereits in Frieden das Reich in Italien beherrschte und zufällig in der Stadt Pavia Hof hielt, beschloß der kühne Jüngling in verwegenem Mut selbst dahin zu gehen, um zu sehen, was man dort that und sagte, und ob noch Hoffnung sei, daß er das Reich wiedergewinne. Auf einem Schifflein fuhr er den Fluß hinauf, nicht wie ein König, sondern wie ein Mann aus niederem Stande, nur von wenigen Leuten begleitet. So kam er in die Burg. Keiner seiner früheren Mannen erkannte ihn, außer einem alten treuen Diener seines Vaters. Diesen bat er, ihn ja nicht zu verraten, und der Greis schwur ihm das sogleich mit einem heiligen Eide zu. Darauf sprach Adelgis: „Ich habe eine Bitte an dich, die du mir nicht abschlagen darfst: wenn heute bei König Karl zu Mittag gespeist wird, so weife mir einen Sitz an am untersten Ende eines Tisches und schaffe, daß alle Knochen, die man von der Tafel wegträgt, vor mich hingelegt werden." Der Alte, der das Amt eines Truchsessen bekleidete, versprach es ihm, und als nun die Mahlzeit gehalten wurde, so that er in allem der Verabredung gemäß und legte die Knochen vor Adelgis hin. Dieser zerbrach sie alle und aß gleich einem hungrigen Löwen das Mark daraus. Die Splitter warf er unter den Tisch, bis sie einen ansehnlichen Haufen bildeten. Darauf erhob er sich eher als die andern und ging hinweg. Wie nun die Tafel aufgehoben war, erblickte Karl die Menge Knochensplitter unter dem Tisch und fragte: „Wer zerbrach, um des Himmels willen, so viele Knochen?" Da antworteten alle, sie wüßten es nicht. Einer aber sprach: „Es faß hier ein starker Jüngling, der zerknickte alle Hirsch-, Bären- und Ochsenknochen, als wären es Strohhalme." Augenblicklich ließ der König den Truchseß rufen und fragte ihn: „Wer war der Mann, der hier saß?" Jener erwiderte: „Herr, ich weiß es nicht." Da blickte ihn Karl mit funkelnden Augen an und rief: „Bei meines Hauptes Krone, du weißt es." Wie der Truchseß sich entdeckt sah, fürchtete er sich und schwieg. Da merkte der König wohl, daß es niemand anders als Adelgrs gewesen war, und es verdroß ihn, daß er ihn so ungestraft hatte entkommen lassen. „Weiß niemand," fragte er die Seinen, „wo hinaus er gegangen ist?" Da sprach einer: „Er kam zu Schiffe und
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