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1. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 234

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
234 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. hielten, wie schon bemerkt, ein Wergeld, das zwar geringer war als das fränkische, aber sie doch der fränkischen Heer- und Gerichtsverfassung einreihte und damit germanischer Ehre teilhaftig machte; sie erlangten Zutritt ins Heer und in den Hofdienst. Chlodowech trat ihnen gegenüber an die Stelle des römischen Kaisers und übte dessen Rechte aus; auch die Steuern wurden nach alter Weise forterhoben; das Land wechselte nur den Herrn. Einen merkwürdigen Zwischenfall, der sich bei der Verteilung der Kriegsbeute in Soissons ereignete, dürfen wir nicht unberichtet lassen. „Damals," so erzählt Gregor,*) „wurden viele Kirchen von Chlodowechs Heer geplündert, denn er war noch im heidnischen Aberglauben befangen. So hatten auch die Franken aus einer Kirche einen Krug von wunderbarer Größe und Schönheit nebst den andern kostbaren Kirchengeräten weggenommen. Der Bischof jener Kirche sandte darauf Boten zum Könige und bat ihn, daß er seiner Kirche, wenn auch sonst nichts von den heiligen Geräten, so doch wenigstens jenen Krug zurückerstatte. Der König hörte dies und sprach zu den Boten: „Folgt mir nach Soissons, denn dort soll alles, was erbeutet worden ist, geteilt werden; und wenn jenes Gefäß aus meinen Anteil fällt, so will ich thun, was der fromme Vater wünscht." Darauf begab er sich nach Soissons, und es wurde daselbst die ganze Masse der Kriegsbeute öffentlich zusammengebracht. „Ich bitte euch, ihr Helden," sprach der König, „erzeiget mir die Gunst, mir zu meinem Beuteanteil auch den Krug dort zu geben." Da antworteten die, welche verständigen Sinnes waren: „Ruhmreicher König, es ist alles dein, was wirschen; auch wir selbst stehen unter deinem Gebot. Thue darum jetzt, was dir gefällt; denn niemand kann deiner Macht widerstehen." Als jene so redeten, da rief ein leichtsinniger, neidischer und unbedachtsamer Mann mit lauter Stimme: „Nichts sollst du haben, als was dir nach dem Los von Rechts wegen gehört!" erhob seine Streitaxt und schlug an den Krug. Alle erstaunten darüber, der König aber ertrug diese Beleidigung mit Sanftmut und Geduld; er nahm den Krug und übergab ihn dem Boten des Bischofs, den Schmerz über den erlittenen Schimpf still in der Brust verbergend. Aber als ein Jahr verflossen war, ließ er das ganze Volksheer in Waffen zusammenrufen, daß es sich auf dem Märzfelde in Kriegesrüstung zeige. Als er nun hier alle durchmusterte, traf er auch auf den Mann, der in Soiffons an den Krug geschlagen hatte, und sprach zu ihm: „Keiner trägt so schlechte Waffen wie du; denn dein Speer, dein Schwert und deine Axt taugen nicht zum Kampfe." Und er ergriff des Mannes Streitaxt und warf sie auf die Erde. Jener bückte sich einen Augenblick, um sie wieder aufzuheben. Da holte der König aus und schlug ihn mit seiner Axt in *) Buch 2, Kap. 27. Giesebrecht 1, S. 86.
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