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1. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 261

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Chlodowech von seiner Bekehrung bis zu seinem Tode. 261 hatte, mit scheinbarer Trauer zuweilen zu seinen Leuten gesagt haben: „Ach, daß ich wie ein Fremdling unter Fremden stehe und keine lieben Verwandten habe, die mir beistehen können, wenn mir ein Leid widerfahrt!" Er sprach aber nicht so, weil er bekümmert gewesen wäre über das Hinsterben aller seiner Blutsfreunde, sondern aus List, ob er vielleicht noch einen finden möchte, den er töten konnte. So stand der furchtbare Mann am Ziel: ganz Gallien mit Ausnahme des burgunbischen Gebiets, der ostgotischen Provence und der west- gotisch gebliebenen Striche im äußersten Süden, dazu ein beträchtlicher Teil Westdeutschlands von der Lippe bis zum mittleren Lauf des Neckars lag zu feinen Füßen. Er erließ noch eine Reihe von Zusätzen und Änderungen zum alkalischen Gesetz und ordnete auf der bereits erwähnten Synode von Orleans mit Hülfe der gallischen Bischöfe auch die kirchlichen Verhältnisse feines Reiches; dann starb er gegen Ende des Jahres 511 zu Paris und wurde in der von ihm und Chlothilde gegründeten Apostelkirche (jetzt St. Geneviöve) beigesetzt. Er hatte dreißig Jahre regiert und doch sein Leben nur aus sünsundvierzig Jahre gebracht. Seine Witwe zog sich nach dem Tode ihres Gemahls nach Tours zurück, wo sie ihre Tage mit Werken der Frömmigkeit und Wohlthätigkeit verbrachte. Dreiunddreißig Jahre hat sie ihren Gatten überlebt; erst 544 starb sie, nachdem sie an ihren Kindern schweres Herzeleid erfahren hatte. Groß, aber unheimlich steht das Bild des Mannes, der das katholische Frankenreich gegründet hat, in der Geschichte da: niederschmetternde Kraft, staatsmännischer Scharfblick, Biegsamkeit des Geistes, das sind die Eigenschaften, an denen kein Zeitgenosse außer Theoberich ihm gleichkam, und mit diesem großen König teilt er die Selbstbeherrschung, die sich stets mit dem Erreichbaren genügen läßt. Aber welche Gegensätze bilben in allen andern Beziehungen der Ostgote und der Franke! Wie überragt ihn jener an Vorzügen des Geistes und Gemütes, an Bilbung, Hochherzigkeit und Großmut! Bei Chlodowech finden wir nirgends Beweise einer edlen Seele, dasür aber viele einer tückischen Hinterlist, die mit Schauder erfüllt. Chlodowechs Erfolge sind größer, weil dauernder, gewesen als die Theoderichs, dessen glänzendes Reich schon ein Menschenalter nach seinem Tode dahinsank; das Staatsgebäude, das mit wilber Kraft und listiger Schlauheit errichtet und besten Fugen mit Verwanbtenblut verkittet waren, hat Jahrhnnberte überbauert; aus ihm ist der Staat des Mittelalters erwachsen, währenb das Ostgotenreich, trotz allen Glanzes, boch nur eine vorübergehenbe Erscheinung blieb, ein schönes, ibeales Gebilbe, das mit seinem Schöpfer auftauchte und wieber verfchwanb. Das Zeitalter war zu wilb und schlimm, als daß mit hochherziger Schonung und menschlicher Milbe eine bauerhafte Neubilbung geschaffen werben konnte; die Zeit beburste eines Mannes wie Chlobowech;
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