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1. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 309

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Aus dem Leben und Treiben in Stadt und Land im Merowingerreiche. 809 aus wie einen Vorgang, den er aus der Vergangenheit berichtete; wenn er eine Lebensregel in Worte fasten wollte, erschien sie als Sprichwort. Hatte der Römer einen Armring geraubt, so entschulbigte er das durch den gemeingültigen Satz : Der Vorteil des einen ist Schaben des andern; wollte der Deutsche basselbe ausbrücken, so empsanb er das Gemeingültige nur als geheimen Hintergrnnb eines einzelnen Vorfalls, und er mußte sagen: Einem Baume pfropft man auf, was man dem andern nimmt. Sprach er aber in gesteigerter Stimmung, frei fchaffenb, so orbnete sich ihm die Rebe unwillkürlich in kleine parallele Satzglieber, von benen sich leicht je zwei zu einem Vers zusammenbanben. Es lag im Wesen seiner Sprache, besonbers kräftig die anlautenben Bestaubteile der Stammwörter hervorzuheben und zwei benachbarte Satzglieber baburch einanber anzupassen, daß in beiben die wichtigsten Wörter benselben Anlaut erhielten, den Stabreim. Auch einzelne Wörter gesellte er so zusammen: Stock und Stein, Flur und Felb, Haus und Hof. So weit ging das Bebürfnis des Gleichlauts, daß auch die Namen der Kinder ober Geschwister gern die gleichen Anfangslaute erhielten, die der Name des Ahnen hatte, z. B. Chilberich, Chlobowech, Chlothar; Günther, Gernot, Gifelher. Dieser Drang nach Gleichlaut des Anlauts gab der gehobenen Rebe etwas Formelhaftes und Starres; er trug dazu bei, hergebrachte schöne Wortverbinbungen und poetische Bezeichnungen stehenb zu machen. Die Verbinbung aber der einzelnen kleinen Satzteile war sehr einfach, häufig würden die nähern Bestimmungen als Apposition angeschoben, die relativen Verbinbungswörter waren noch sehr schwach entwickelt, so auch alle Partikeln, die einen Nebensatz dem Hauptsatz unterorbneteu. Jetzt sollte der Deutsche erörtern in zusammengefügten Perioben mit „barmn", „weil", „obgleich", „aber" ; er sollte, was er meinte, nicht mehr im Silbe sagen, sonbern sollte das, was ihm der untrennbare Hintergrnnb des Bilbes gewesen war, von dem Bilbe abgelöst vortragen; er sollte die ganze feine Dialektik der antiken Sprachen, die durch tausenbjährigen prosaischen Stil ausgebilbet war, in einer Sprache nachahmen, die noch ganz von dem buntfarbigen Leitseil des epischen Stils gelenkt würde. Das war allerbings eine riesige Aufgabe; viele Geschlechter mußten mit dem Ausbruck ringen, bevor eine felbftänbige beutfche Prosa geschaffen würde. Währenb die Kirchensprache dem Geist des Deutschen eine neue, unerhörte Zucht zumutete, manbette ihm nicht weniger gewaltig der historische ötil der lateinischen Prosa die heimische Weise, Thatsachen aufzufaffen und zu berichten. Denn er besaß keine anbere Art heimischer historischer Überlieferung als durch den Vers und die Harfe des Sängers. Nur das Ge-bächtnis der Weifen bewahrte neben den Liebern durch einige Geschlechter wirkliche Erinnerung an wichtige Ereignisse, bis auch solche stille Kunbe der
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