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1. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 310

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
310 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. Alten schwand oder sich in Sage umformte. Der Sänger wurde mit Armringen und goldenem Halsschmuck beschenkt, gerade wie der wackere Mann der Feldschlacht. Sänger von großer Begabung zogen aus einer Halle zur andern, sie fuhren weit in der Welt umher, kannten Antlitz und Sprache vieler Menschen und wurden in Geschäften als vertraute Boten ihrer Schatzspender versandt. Vers und Form des Gesanges waren altnational . . ., aber auch der Inhalt alter Poesie war kein zufälliger; denn alles wurde dem begabten Mann zur Dichtung, was ihm die Seele erhob. Von seinen Göttern berichtete er, indem er ihnen menschliche Schicksale und Abenteuer verlieh ; die Gebilde und Erscheinungen der Natur, die grünende Erde, den Reis und Hagel, Felsen und Wasser, autib die Tiere der Wildnis, Bäume und heilkräftige Pflanzen erfüllte er mit menschenähnlichem Leben. Endlich auch von der Vergangenheit feines Volkes, von den eigenen Abenteuern und Empfindungen erzählte er als Dichtender. Der wirkliche Zusammenhang politischer Begebenheiten, die sich ans dem Kampfe verschiedenartiger Interessen und vieler Teilnehmer entwickeln, wird undeutlich erkannt und geht schnell dem Gedächtnis verloren. Nur einzelne bedeutende Züge der Haupthelden werden festgehalten .... Nur was dem Sänger für groß gilt, wird im Gedächtnis bewahrt, auch dies wird nach dem bereits vorhandenen poetischen Inhalt andrer Sagen unbefangen umgestaltet. Nun sind es die Abenteuer des Helden, die dem kampffrohen Volke als das Höchste erscheinen, sein Streit, Sieg und Untergang. Ebenso wird das Schicksal des Helden gedeutet nach der Auffaffung, die der Sieger von dem Zusammenhang zwischen That und Folgen, Unrecht und Vergeltung in stch trägt. Oft ist diese Auffassung des Verhängnisses tiefsinnig und ergreifend. Wie jedem Volke ist auch dem deutschen ein gewisser Schatz von poetischen Situationen gegeben, in denen es seine Helden zu erblicken liebt. Träume und Vorzeichen leiten die Ereignisse ein; unter diesen stehen obenan Zweikämpfe, in denen sich Heldenkühnheit Mann gegen Mann bethätigt, Bezwingung von Riesen und Ungeheuern, Brautwerbung durch Gesandte, Festgelage und Kampfspiele, zuletzt ein großartig geschilderter Todeskampf, die Totenfeier und die Rache. Dazu die Einwirkung beglückender und zerstörender Leidenschaften. Schon bei dem Bericht über Begebenheiten, die in naher Vergangenheit liegen und dem Sänger wie seinen Hörern wohlbekannt lind, ist die Umbildung geschäftig . . . Ein solcher Bericht ist aus kleinen Anekdoten, wirklichen und gefundenen, zusammengesetzt, nach der gemütlichen Neigung der Hörer, aber nach den Gesichtspunkten eines Geschichtschreibers. Je länger solche Sage von Ohr zu Dhr klingt, um so völliger wird ihre Umwandlung nach dem Herzensbedürfnis des Sängers und der Hörer; sie bewahrt vielleicht nur eine sehr entfernte Erinnerung an das wirkliche ^ach-
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