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1. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 320

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
320 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. Sonntag. Sie klopften an die Thür des Priesters und traten ein, und Attalus erzählte ihm von seiner Gefangenschaft und Flucht. Der Priester, der des Bischofs Gregor alter Freund war, nahm die Jünglinge liebreich auf und sprach: „So wird also mein Traum zur Wahrheit; denn mir träumte in dieser Nacht, daß zwei Tauben zu mir flogen und sich auf meine Hand setzten; die eine war weiß, die andere schwarz." Darauf sprach Attalus: „Der Herr möge uns verzeihen, wenn wir an seinem heiligen Tage vor der Frühmesse zu essen begehren; aber uns hungert gar sehr. Bitte, reiche uns etwas Speise; denn es ist der vierte Tag, daß wir nicht Brot noch Fleisch gegessen haben." Da führte sie der Priester in ein Versteck, wo sie sicher geborgen waren, gab ihnen Brot in Wein getaucht und ging zur Mette. An demselben Tage kam auch der fränkische Herr zu dem Hause geritten, da er ihnen auf die Spur gekommen war, und forschte bei dem Priester nach den Flüchtlingen; doch dieser wußte ihn irre zu leiten, und so gab jener alles Suchen auf und kehrte heim. Als die Jünglinge durch Speise und Trank wieder zu Kräften gekommen waren und zwei Tage im Hause des Priesters geweilt halten, zogen sie von dannen und gelaugten endlich nach Langres zum heiligen Bischof Gregor zurück. Der alte Herr aber freute sich innig, als er die Knaben sah, und weinte am Halse seines Neffen Attalus. Den Leo aber löste er mit seinem ganzen Geschlecht von der Knechtschaft und gab ihm eine Hufe mit Haus und Hof zu Erb' und Eigen; auf der lebte er mit seinem Weibe und seinen Kindern als ein freier Mann bis an sein Ende. Zu dieser freundlichen Erzählung bildet ein düsteres Gegenbild, was Gregor von der unmenschlichen Grausamkeit eines Zeitgenossen, des fränkischen Herzogs Rauching, gegen seine Leibeigenen berichtet.*) Man ersieht daraus, daß die Greuel, welche die merowingischen Herren begingen, von manchen vornehmen Unterthanen gelehrig nachgeahmt wurden, wenn auch solche Abscheuliche wie Rauching seltene Ausnahmen waren. b) Herzog Rauchings Grausamkeit und sein Tod. In der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts lebte im Gebiet von Soissons ein fränkischer Großer Namens Rauching, ein Mann ganz von Eitelkeit erfüllt, von Hochmut aufgeblasen und voll frechen Stolzes, der so mit seinen Untergebenen umging, als ob keine Spur von Menschlichkeit in ihm wäre. Über alles Maß menschlicher Bosheit und Unsinnigkeit wütete er gegen die ©einigen und führte abscheuliche Unthaten aus. Wenn z. B. ein Diener, wie es beim Gelage zu geschehen pflegt, vor ihm eine brennende Fackel hielt, so ließ er ihm die Beine entblößen und die Fackel solange auf *) Buch 5, Kap. 3. Giesebrecht Bd. 1, S. 223 f.
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