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1. Geschichte des preußischen Vaterlandes - S. 110

1888 - Berlin : Hertz
110 Lippold's Tod; die schöne Gießenn. aber seine Gläubiger ließen ihn wegen der für den fürstlichen Herrn übernommenen Schulden ins Gefängniß werfen, in welchem er hülflos und in tiefem Kummer starb. Wenn des Fürsten Strenge sich hier zur Härte und Ungerechtigkeit verirrte, so müssen wir ebenso die Grausamkeit tadelu, womit der freilich weit schuldigere Lippold, der jüdische Münzmeister und Wucherer, die Gunst Joachim's büßeu mußte. Auf ihn vor Allen fiel Johann Georg's Zorn: er war bei dem üppigen Hofleben reich geworden, und, was für ihn schlimmer war, sein Uebermuth hatte alle Leute verletzt. Jetzt klagte ihn die Volksstimme nicht nur des sträflichsten Wuchers, sondern auch des Betruges an. Zwar ergab die Untersuchung seiner Papiere nicht das Mindeste, was den Vorwurf unehrlichen Verdienstes begründen konnte; aber die öffentliche Wuth war gegen ihn und zugleich gegen feine Glaubensgenossen bereits so erregt, daß man vor den widersinnigsten neuen Anklagen nicht zurückschreckte. Es verbreitete sich das Gerücht, Lippold habe durch Zanbertränke den Kurfürsten Joachim vergiftet. Die That scheint geradezu unglaublich, wenn man bedenkt, welche Gunst der Münzmeister bei Joachim genoß, und wie wenig er auf gleiche Gunst bei dessen Nachfolger zu rechnen hatte; auch wurde an Joachim's Leichnam bei ärztlicher Untersuchung keine Spur von Vergiftung gefunden, aber der Haß gegen den Juden rnhete nicht, bis es gelang, ihn ganz zu verderben. Seine eigene Frau gab hierzu durch einen Ausbruch des Jähzorns schließlich die Veranlassung. Als sie den unglücklichen Mann einst in seinem Kerker besuchte, gerieth sie mit ihm in heftigen Streit, und in unbesonnenem Zorne warf sie ihm vor, daß er ein Zauberer sei und durch geheimnißvolle Tränke Joachim's Gunst zu fesseln gewußt habe. Die vor der Thür stehende Wache vernahm die Worte und berichtete bieselben an den Kerkermeister. Sofort wurde die Untersuchung mit neuer Strenge wieder begonnen, und durch die fürchterlichsten Qualen der Folter gelang es, den unglückseligen Juden zum Eiugeständniß seiner angeblichen Schuld zu bringen. Nun wurde das Bluturtheil über ihn gesprochen und auf schreckenerregende Weise in Berlin vollzogen. Nicht aber gegen Lippold allein war die Volkswuth gerichtet, sondern, wie es in jenen Jahrhunderten öfter geschah, so zog auch hier die Verschuldung des einzelnen Juden eine allgemeine Verfolgung seiner Glaubensgenossen nach sich. Schon währenb der Untersuchung waren die Juden in Berlin den heftigsten Mißhanbluugen ausgesetzt gewesen, jetzt sah sich der Kurfürst bewogen, alle Israeliten ans dem Lanbe zu verweisen. Eben so schonungslos wie gegeu Lippolb und anbere Günstlinge des vorigen Kurfürsten verfuhr Johann Georg in einer Angelegenheit, wo es ihm noch mehr geziemt hätte, die Schwäche seines Vaters mit dem Schleier des Vergessens zu bedecken. Joachim hatte ein unerlaubtes Verhältniß zu Anna Sydow , der Frau seiues Stückgießers gehabt (im Volke die schöne Gießerin genannt). Er hatte sich von Johann Georg das Versprechen geben lassen, berselben kein Leibs zu thun. Nichts besto weniger würde sie nach seinem Tode zu ewiger, schmachvoller Gefangenschaft nach Spanbau geführt, wo sie ihre Verirrungen durch einen elenden Lebensabend büßte. Der Volksglaube brachte seitbem die angeblichen Erscheinungen der „weißen Frau" im Schlosse zu Berlin, welche den hohenzollernschen Fürsten immer ein Unglück verkün-
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